Quelle: pixabay.com

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Nachdem am 12.08.14 schon das VG Ansbach urteilte, dass die permanente und anlasslose Videoaufzeichnung des Straßenverkehrs gegen das BDSG verstößt (Az. AN 4 K 13.01634, bisher ist nur eine Pressemitteilung verfügbar), hat sich das AG München dieser Ansicht angeschlossen (Hinweisbeschluss vom 13.08.14, Az. 345 C 5551/14) und die Verwertung entsprechender Videoaufnahmen im Zivilprozess abgelehnt. Eine andere Abteilung des AG München hatte dies vor etwa einem Jahr anders gesehen (AG Mün­chen zur Zuläs­sig­keit von Video­auf­nah­men mit­tels sog. “Dash­cam” als Beweis­mit­tel im Zivilprozess, “Dashcam-Urteil” des AG Mün­chen online). Zunächst zählt das AG auf, gegen welche Vorschriften eine solche Videoaufzeichnung verstößt.

Nach ständiger Rechtsprechung hängt die Verwertbarkeit solcher Aufnahmen von den jeweils schutzwürdigen Interessen der Parteien ab, die gegeneinander abzuwägen sind (vgl. AG München, Urteil vom 06. 06. 2013, Az. 343 C 4445/13, Ziffer 13; BVerfG NJW 2002, 3619; vgl. Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, § 371, Vorbemerkung, Rn 6). Indizwirkung hat dabei auch der Verstoß gegen einfachgesetzliche Normen. Verbotswidrig erlangte Beweismittel sind nur ausnahmsweise verwertbar, nämlich wenn der geschützten Eigensphäre überwiegende berechtigte Interessen gegenüberstehen.

Die permanente, anlasslose Überwachung des Straßenverkehrs durch eine in einem PKW installierte Autokamera („Car-Cam“ bzw. „Dash-Cam“) verstößt gegen § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG sowie gegen § 22 S. 1 KunstUrhG und verletzt den Beklagten in seinem Recht auf Informationelle Selbstbestimmung als Ausfluss seines Allgemeinen Persönlichkeitsrechts, Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG. Es liegen auch keine überwiegenden Interessen des Beweisführers vor, die die Verwertung dieser rechtswidrig erlangten Beweismittel erlauben würden.

Es folgt dann eine genaue Subsumtion unter die genannten Gesetze. Im Ergebnis soll das Recht der Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung das Interesse des Verwenders an der Beweisverwertung überwiegen:

Auch wenn die Verwendung von Autokameras immer beliebter wird, können die durch sie erlangten Fotografien nicht als zivilprozessuales Beweismittel verwertet werden, da diese Aufnahmen in aller Regel unter Verletzung des Grundrechts der Betroffenen auf Informationelle Selbstbestimmung gewonnen wurden, Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG. Selbst wenn man davon ausgeht, manche Bürger seien in Zeiten sozialer Netzwerke ohnehin mit der Preisgabe persönlicher Informationsgehalte einverstanden bzw. sie hätten sich in Ermangelung einer Alternative hiermit abgefunden, vermag dieser „(…) Verzicht auf Persönlichkeitsrechte jene Bürger, die sie weiterhin schützen wollen, nicht zu binden.“ (Bachmeier, DAR 2014, 21).

Die Alternative zu dieser Ansicht der Gerichts würde konsequenterweise bedeuten, dass jeder Bürger Kameras ohne jeden Anlass nicht nur in seinem PKW, sondern etwa auch an seiner Kleidung befestigen könnte, jedermann permanent gefilmt und überwacht würde und so das Recht auf Informationelle Selbstbestimmung praktisch aufgegeben würde.