Quelle: Moros, Wikimedia Commons

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Dem Beschluss vom 24.04.14, Az. 7 U 1501/13 des OLG Dresden liegt eine häufige Konstellation zu Grunde (siehe auch LG Saarbrücken: Geblinkt und doch nicht abgebogen — Mitverschulden bei Unfall): Ein Fahrzeugführer befährt eine Vorfahrtstraße und blinkt rechts, ohne abzubiegen. Ein wartepflichtiger Fahrzeugführer kommt aus einer Nebenstraße und geht von der Abbiegeabsicht des anderen aus, so dass er in die Vorfahrtstraße einfährt und es zur Kollision kommt. Das OLG schließt sich der herrschenden Ansicht der Rechtsprechung an, wonach ein Blinkzeichen allein noch kein Vertrauen des Wartepflichtigen in das Abbiegen rechtfertigt:

Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 StVO darf der Wartepflichtige nur dann in die Vorfahrtstraße einfahren, wenn er übersehen kann, dass er den, der die Vorfahrt hat, weder gefährdet noch wesentlich behindert. Den Wartepflichtigen trifft insoweit eine gesteigerte Sorgfalt, die bedingt, dass er auch mit einem verkehrswidrigen Verhalten des Vorfahrtberechtigten rechnen muss und somit regelmäßig nur auf das Unterbleiben atypischer, grober Verstöße des Vorfahrtberechtigten vertrauen darf (OLG Saarbrücken, a.a.O.). Mit dem OLG Saarbrücken (a.a.O.) ist es den Senatsmitgliedern aus eigener jahrelanger Fahrpraxis wie auch der als Spezialsenat gewonnenen beruflichen Erfahrung mit Verkehrsunfällen bekannt, dass ein Zurückstellen des Blinkers nicht selten aus Unaufmerksamkeit unterbleibt oder fälschlich von einem in Wirklichkeit nicht vorliegenden automatischen Zurücksetzen ausgegangen wird. Das Blinken allein ist zumal angesichts der in solchen Fällen evidenten Gefahrensituation (oftmals hohe Kollisionsgeschwindigkeiten) deshalb allein noch keine ausreichende Grundlage, um auf ein tatsächliches Abbiegen des Vorfahrtberechtigten vertrauen zu können. Ein besonnen und vorausschauend agierender Verkehrsteilnehmer muss sich deshalb anhand weiterer Umstände vergewissern, ob tatsächlich ein Abbiegen bevorsteht.

Die von der Berufung bemängelte “Lebensferne” einer solchen Sichtweise vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Abgesehen davon, dass ein “dichter Landstraßenverkehr” regelmäßig einen Widerspruch in sich selbst darstellen dürfte, vermag der Senat auch keine generelle Gefahr zu erkennen, dass Pkw aus Nebenstraßen nicht mehr auf die Hauptstraße gelangen, wenn diese (keineswegs neuen, vgl. oben) Rechtsprechungsgrundsätze Anwendung finden. Vielmehr handelt es sich wegen der erheblichen Gefahren bei unzureichender Vergewisserung um eine ausgewogene Verteilung der gegenseitigen Sorgfaltsanforderungen und ein Gebot der Vernunft. Für dergestalt ausreichendes Vertrauen begründende weitere Umstände hat der Kläger im vorliegenden Fall nichts Erhebliches vorzutragen vermocht.

Eine Haftungsverteilung von 70:30 zu Lasten des Wartepflichtigen, wie sie die Vorinstanz (LG Dresden) vorgenommen hat, sieht der Senat, auch mit Blick auf eine Entscheidung des OLG Hamm (Urteil vom 11.03.03, Az. 9 U 169/02) als angemessen an.