Quelle: Simon A. Eugster, Wikimedia Commons

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Die Klägerin hatte ihre Enkeltochter, Mitglied des beklagten Fußballvereins, zu einer Sportveranstaltung gefahren. Auf der Fahrt musste sie einem Kleinbus ausweichen, wobei sie wegen witterungsbedingter Glätte die Kontrolle über ihren Wagen verlor und es zum Unfall kam. Von dem Beklagten verlangt sie den Ersatz von Behandlungskosten und ein Schmerzensgeld (OLG Celle, Urteil vom 16.10.2014, Az. 5 U 16/14):

1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Erstattungen der ihr entstandenen materiellen Schäden als Aufwendungsersatz gem. § 670 BGB analog.

a) Es kann dahinstehen, ob die Klägerin (ausdrücklich) von dem Beklagten beauftragt war, die Spielerin zu den Hallenkreismeisterschaften zu fahren, denn jedenfalls entsprach die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse (auch) des Beklagten, § 683 BGB. Der Senat folgt nicht der Auffassung des Beklagten bzw. des Sportversicherers, dass die Familienangehörigen der Vereinsmitglieder ausschließlich Interessen des Vereinsmitgliedes wahrnähmen, wenn sie diese zu Sportveranstaltungen, wie hier zur Kreismeisterschaft fahren. Es liegt gerade auch im Interesse des beklagten Vereins, dass seine Mitglieder an Meisterschaften, sonstigen Turnieren oder sportlichen Veranstaltungen teilnehmen. Der Beklagte hatte über die Trainer die Mannschaftsmitglieder der Fußballjuniorinnen des SC H. zu der Teilnahme eingeladen und die Enkelin der Klägerin gehörte zur Mannschaft. Der Sinn und Zweck des Beklagten als Sportverein ist nicht nur, dass die Vereinsmitglieder trainieren, sondern auch, dass sie an Turnieren, Meisterschaften und ähnlichen Veranstaltungen teilnehmen, um sich im sportlichen Wettkampf mit anderen Vereinen zu messen und über den Sport Kontakte zu anderen Vereinen/Vereinsmitgliedern zu pflegen.

b) Erleidet der Beauftragte (oder der berechtigte Geschäftsführer, § 683 S. 1 BGB) bei Ausführung des Auftrages Schäden, sind ihm diese gem. § 670 BGB analog grundsätzlich zu ersetzen. Nimmt der Beauftragte ein mit der Ausführung des Auftrages verbundenes Schadensrisiko freiwillig auf sich, wird der entstandene Schaden einem freiwilligen Vermögensopfer gleichgesetzt. Das ist der Fall, wenn mit der Ausführung des Auftrages seiner Natur nach oder aufgrund besonderer Umstände eine beiden Beteiligten erkennbare Gefahr auch für die Beauftragung verbunden ist (tätigkeitsspezifisches Risiko…). Dagegen scheidet nach allgemeiner Meinung ein Anspruch aus, wenn sich nicht ein geschäftstypisches, sondern lediglich das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht hat.

Hier hat sich nach Auffassung des Senates ein auftragsspezifisches Risiko verwirklicht. Ein Ausschluss des Ersatzanspruches, weil der Schaden bei der Teilnahme am allgemeinen Straßenverkehr entstanden ist, kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht, denn das „auftragsspezifische Risiko“ lag gerade in der (allgemeinen) Teilnahme am Straßenverkehr. Diese war nicht etwa nebensächlicher Bestandteil des Auftrages, sondern sein alleiniger Inhalt. In diesem Fall kommt es nach Auffassung des Senates nicht in Betracht, einen Ersatzanspruch des Beauftragten abzulehnen, wenn der Schaden bei der Teilnahme am allgemeinen Straßenverkehr eingetreten ist.

c) Der Anspruch der Klägerin ist der Höhe nach nicht um einen Mitverursachungs- oder Mitverschuldensanteil zu reduzieren. Ein (Mit-)Verschulden der Klägerin hat der Beklagte nicht hinreichend dargetan und unter Beweis gestellt. Eine Mithaftung der Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Gefährdungshaftung, § 7 Abs. 1 StVG, scheidet nach Auffassung des Senates im Verhältnis der Klägerin zu dem Beklagten aus, weil die Klägerin dem Beklagten nicht aus § 7 StVG haftet, die Parteien sind nicht beide Verkehrsteilnehmer gewesen. (…)

2. Der Klägerin steht dagegen kein Anspruch auf Schmerzensgeld zu, § 253 Abs. 2 BGB.

a) Nach Auffassung des Senates gebührt der Klägerin gem. § 670 BGB analog ein Anspruch auf Ersatz ihrer materiellen Schäden als (unfreiwillige) Aufwendungen. Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass der Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes gem. § 670 BGB nicht besteht. Dies gilt auch für die Zeit nach der Schuldrechtsreform – für die vorangegangene Zeit hatte der Bundesgerichtshof einen Anspruch gem. § 670 BGB auf Geldersatz für immateriellen Schaden verneint.

aa) Der Schmerzensgeldanspruch setzt voraus, dass der Schuldner dem Gläubiger zum Schadensersatz verpflichtet ist. Der Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin ist nach Auffassung des Senates mit einem solchen Schadensersatzanspruch nicht gleichzusetzen.

Ein Anspruch wegen Verletzung der Pflicht, die Klägerin darauf hinzuweisen, dass für Nicht-Mitglieder kein Versicherungsschutz bestehe, wurde abgelehnt. Die Revision hat das OLG zugelassen.