Quelle: Hendrike, Wikimedia Commons

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Eine Situation, die in den grenznahen Regionen offenbar öfter vorkommt: Die Polizei, die hinter dem Betroffenen fährt, misst eine Geschwindigkeitsüberschreitung kurz vor der Grenze aus ihrem ProViDa-Fahrzeug und zeichnet sie auf Video auf. Das Anhalten und Erfassen der Personalien des Fahrers erfolgt erst auf ausländischem Boden. Das OLG Koblenz folgt dem AG und bestätigt ein Beweisverwertungsverbot wegen Verletzung des völkerrechtlichen Territorialitätsprinzips (Beschluss vom 30.10.2014, Az. 1 OWi 3 SsBs 63/14):

Weder Art. 41 SDÜ noch eine sonstige völkerrechtliche Vereinbarung erlaubt es deutschen Polizeibeamten, im Zusammenhang mit der Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit eine strafprozessuale Ermittlungshandlung auf dem Staatsgebiet des Großherzogtums Luxemburg ohne vorherige Erlaubnis der dafür zuständigen luxemburgischen Behörde vorzunehmen. Damit liegt aber nicht „nur“ eine Verletzung des Hoheitsrechts eines fremden Staates vor. Das Territorialitätsprinzip gehört zu den allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts im Sinne des Art. 25 GG. Es ist “Bestandteil des Bundesrechtes” und geht einfachen Gesetzen vor. Ein Verstoß gegen das Territorialitätsprinzip ist somit zugleich eine Verletzung hochrangigen nationalen Rechts. Zudem ist der Staat, dem die Verletzung des Völkerrechts zuzurechnen ist, grundsätzlich verpflichtet, das völkerrechtliche Unrecht und seine Folgen nach Möglichkeit zu beseitigen und auszugleichen (Tiedemann, Festschrift für Paul Bockelmann 1978, S. 825 f.). Berücksichtigt man ferner, dass einerseits die allgemeinen Regeln des Völkerrechts einen besonderen, auch von den Gerichten zu beachtenden Stellenwert haben und andererseits lediglich ein Fehlverhalten unterhalb der Schwelle zu einer Straftat verfolgt werden soll, ist die Annahme eines Beweisverwertungsverbots folgerichtig.

5. Ob aktenkundige Angaben zur Person des Betroffenen (wie Halter des Tatfahrzeugs, keine Kinder, die als Fahrer in Frage kommen, Arbeitsplatz in Luxemburg) in Verbindung mit der möglicherweise durch in Augenscheinnahme zu treffenden Feststellung, dass der Fahrer des Fahrzeuges eine dem Betroffenen zumindest nicht unähnliche männliche Person war (und eventueller Klärung, wann der Betroffene am Tattag zur Arbeit erscheinen musste) dem Gericht hätten Anlass geben müssen, sich auf andere Weise der Frage zu nähern, ob der Betroffene der Fahrer des Tatfahrzeugs gewesen war (siehe dazu BGH v. 29.08.1974 – 4 StR 171/74BGHSt 25, 365 juris R. 10), kann ebenso offen bleiben wie die Frage, ob die Erklärung des Betroffenen, die im Protokoll über die abgebrochene Hauptverhandlung vom 25. März 2014 niedergelegt ist, insoweit als verwertbares Geständnis anzusehen gewesen wäre, weil die Staatsanwaltschaft keine diese Fragen aufgreifende (Aufklärungs-)Rüge erhoben hat.