Nach einigen neueren Entscheidungen (u. a. AG Gera, AG Jena, AG Senftenberg) zur Übermittlung der digitalen Messdateien von PoliScan Speed- und ES 3.0-Messgeräten an den Verteidiger hat nun auch das AG Neunkirchen die Bedeutung dieser Daten für eine effektive Verteidigung bestätigt: Die Verteidigerin hatte bei der Behörde die Herausgabe des digitalen ES 3.0-Falldatensatzes in unverschlüsselter Form beantragt. Diesen hat sie vor der Hauptverhandlung nicht mehr erhalten. Auf ihren Antrag hin wurde dann das Verfahren ausgesetzt. Völlig zu Recht weist das Gericht darauf hin, dass – gerade dann, wenn die Messung in einem standardisierten Verfahren erfolgt – für den Betroffenen die Rohdaten seiner Messung unverzichtbar sind, um Messfehler substantiiert behaupten zu können. Der Anspruch auf Herausgabe dieser Daten folge daher aus seinem Recht auf ein faires Verfahren. Folglich sei das Verfahren bis zum Erhalt der Rohdaten auszusetzen (AG Neunkirchen, Beschluss vom 30.12.2015, Az. 19 OWi 365/15).

Amtsgericht Neunkirchen
Beschluss

19 OWi 365/15

In der Bußgeldsache
gegen

Verteidigerin:
Rechtsanwältin Monika Zimmer-Gratz, Winkelsgasse 24, 66359 Bous

wegen Verkehrsordnungswidrigkeit

hat das Amtsgericht – OWI-Sachen – Neunkirchen durch den Richter am 30.12.2015 beschlossen:

Das Verfahren wird ausgesetzt, bis die Verteidigung die unverschlüsselten Rohmessdaten erhalten hat.

Gründe:

Die Verteidigerin hat die Herausgabe der Rohmessdaten der tatgegenständlichen Messung vom 18.06.2015 bei der zentralen Bußgeldbehörde beantragt, aber bislang nicht erhalten. Aufgrund des im vorliegenden Fall gegebenen standardisierten Messverfahrens, hat der Betroffene aus seinem Recht auf ein faires Verfahrens einen Anspruch auf eine effektive Verteidigung, wozu der Erhalt der Rohmessdaten unverzichtbar ist, da es dem Betroffenen obliegt, eventuelle Messfehler substantiiert vorzutragen.

Vielen Dank an Frau Rechtsanwältin Monika Zimmer-Gratz, Bous, für die Zusen­dung die­ser Entscheidung.