Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz wegen einer Beschädigung seines BMW 320d Touring bei einem Verkehrsunfall auf einem Parkplatz. Die Beklagten zu 1 und 3 wenden ein, dass es sich um einen fingierten Unfall gehandelt habe und nennen als Indizien: Bekanntschaft der Parteien untereinander, die sich dazu noch in wirtschaftlich angespannten Verhältnissen befinden, Abrechnung auf Gutachtenbasis, keine Hinzuziehung der Polizei. Außerdem seien beide Fahrzeuge kurz vor dem Unfall angeschafft und angemeldet und noch vor Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs wieder verkauft worden. Das OLG Naumburg nahm hingegen keinen gestellten Unfall an: Zeitpunkt des Zusammenstoßes war 17 Uhr auf einem gut besuchten Parkplatz eines Restaurants. Der Kläger konnte sogar einen neutralen Zeugen für den Unfall benennen. Eine – zunächst behauptete – Inkompatibilität der Schäden sei ebenfalls nicht gegeben. Auch die anderen Indizien konnten das Gericht nicht von einer Unfallmanipulation überzeugen: Eine flüchtige Bekanntschaft von zwei gleichaltrigen Personen in einer Kleinstadt sei nicht ungewöhnlich. In diesem Fall sei es weiterhin nicht ungewöhnlich, vom Rufen der Polizei abzusehen. Schließlich habe auch der Verkauf des BMW die Aufklärung nicht wesentlich behindert, da der vom Kläger beauftragte Sachverständige einen Tag nach dem Unfall eine umfangreiche Bilddokumentation angefertigt hatte. Finanziell habe sich der Unfall für den Kläger ohnehin nicht “gelohnt” (OLG Naumburg, Urteil vom 21.05.2015, Az. 4 U 29/14).

Die für den Haftungstatbestand an sich unstreitige Eigentumsverletzung durch den Zweitbeklagten indiziert zugleich deren notwendige Rechtswidrigkeit, die auch nicht, wie die Erst- und Drittbeklagte behaupten, aufgrund einer Einwilligung des Klägers in einen bloß inszenierten Unfall entfallen sein kann. Das Landgericht hat vielmehr zu Recht einen bewusst und manipulativ herbeigeführten Unfall des Klägers nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme unter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalles verneint und den Beklagten die volle Haftung für den hieraus dem Kläger entstandenen Schaden zugewiesen.

Indizien, die bei isolierter Betrachtung noch für einen manipulierten und damit die Rechtswidrigkeit der Eigentumsverletzung entfallen lassenden Unfall sprechen mochten (1), werden durch gegenläufige andere Umstände im Rahmen einer umfassenden Gesamtwürdigung derart entkräftet, dass ein gestellter Unfall nicht mehr erheblich oder überwiegend wahrscheinlich erscheint (2).

Angesichts des einseitig schuldhaften Verkehrsverstoßes vonseiten des Zweitbeklagten ist auch der komplette unfallbedingte Schaden des Klägers der Höhe nach zu ersetzen (3).

1. Steht wie hier ein Zusammenstoß der beteiligten Fahrzeuge fest, trifft den in Anspruch genommenen Haftpflichtversicherer, also hier die Drittbeklagte, die Beweislast dafür, dass der Geschädigte, hier in Person des Klägers, in die Beschädigung seines Fahrzeugs eingewilligt hat, also ein gestellter Unfall vorliegt (BGH, VersR 1979, 281; VersR 1979, 514).

Für einen solchen Nachweis reicht es aus, dass der Pflichtversicherer derart gewichtige Indizien vorbringt und gegebenenfalls beweist, die bei einer Gesamtschau den triftigen Schluss auf eine Unfallmanipulation zulassen. Hierfür ist wiederum keine wissenschaftlich lückenlose Gewissheit notwendig, sondern der Nachweis einer erheblichen Wahrscheinlichkeit für ein unredliches Verhalten ausreichend. Die Rechtsprechung wendet die Grundsätze des Anscheinsbeweises für die Frage eines abgesprochenen Unfallgeschehens entsprechend an (BGH, VersR 1979, 514, 515; KG, VersR 2006, 614, 615; OLG Düsseldorf, Urteil vom 05. Oktober 2010, Az.: 1 U 190/09, zitiert nach juris, Rdnr. 49 – 51; OLG Celle, Urteil vom 30. Juli 2010, Az.: 14 U 6/10, zitiert nach juris, Rdnr. 6 ff.; OLG Karlsruhe, MDR 2007, 1019; Kaufmann, in: Geigel, Haftpflichtprozess, 26. Aufl., 2011, § 25 Rdnr. 12, 13; Born, in: ZV 1996, 257, 260; Krumbholz, DAR 2004, 67, 69). Dabei sind gewissermaßen typische, jeweils für eine Unfallmanipulation sprechende Anzeichen herausgebildet worden, die es allerdings im konkreten Kontext des Einzelfalles in einer Gesamtschau aller maßgeblichen Umstände zu gewichten und des Näheren zu würdigen gilt.

Danach ist der Drittbeklagten zuzugestehen, dass durchaus einige Umstände gleichsam prima vista bei isolierter Betrachtung in das Muster eines gestellten Unfalls passen könnten. Bei dem hier vorliegenden Parkplatzunfall handelt es sich um eine leicht zu steuernde Unfallkonstellation mit geringen Geschwindigkeiten und ohne nennenswertes Verletzungsrisiko, bei dem Schäden an den gewünschten Stellen und in der angestrebten Größenordnung leicht herbeigeführt werden können. Beide am Unfall beteiligten Fahrzeuge waren relativ alt und ihr Wertunterschied – auch wenn der Zeitwert des bei der Drittbeklagten versichert gewesenen Lancia Lybra unbekannt geblieben ist – wohl erheblich. Zudem wies das Fahrzeug der Erstbeklagten auf der gesamten rechten Seite erhebliche Beschädigungen auf, die nach den Feststelllungen des gerichtlichen Sachverständigen nicht durch den streitgegenständlichen Unfall hervorgerufen worden sind. Der Kläger und der Zweitbeklagte als unmittelbar Unfallbeteiligte kannten sich zudem vom Sehen und haben trotz des einen Bagatellfall übersteigenden Schadens nicht die Polizei hinzugezogen. Beide Unfallfahrzeuge sind auch verdächtigerweise erst kurze Zeit vor dem Unfall angemeldet bzw. angeschafft worden, der BMW am 14. Dezember 2011, der Lancia am 13. September 2011. Noch vor Geltendmachung der streitbefangenen Schadensersatzansprüche sind schließlich beide Fahrzeuge weiterverkauft worden.

2. Berücksichtigt man demgegenüber im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller für und gegen eine Manipulation sprechenden Aspekte die folgenden weiteren Umstände, so erachtet der Senat insgesamt einen gestellten Unfall für nicht mehr überwiegend wahrscheinlich.

Gegen ein manipuliertes Geschehen spricht zunächst schon, dass der Unfall untypischerweise weder an einem abgelegenen Ort noch zu entlegener Zeit etwa nachts, in den frühen Morgen- oder späten Abendstunden stattgefunden hat, sondern am späten Nachmittag gegen 17.00 Uhr auf dem zu dieser Uhrzeit stark frequentierten Parkplatz eines McDonald-Restaurants in B. . Es bestand mithin für die Beteiligten ein beträchtliches Risiko, an diesem Ort und zu dieser Zeit unliebsame Zeugen zu haben, denen der inszenierte Parkplatzunfall auch als solcher oder zumindest als ungewöhnlich hätte auffallen können. Überdies hat der Kläger hier sogar für den von ihm geschilderten Unfallhergang in erster Instanz B. H. als gleichsam neutralen Zeugen benannt, von dessen Vernehmung das Landgericht indes zu Recht – wegen der bereits anderweitig letztlich unergiebigen Umstände für eine Unfallmanipulation – abgesehen hat.

Besondere Hervorhebung verdient des Weiteren auch der Umstand, dass die gerade erstinstanzlich von der Drittbeklagten zentral in den Vordergrund des Manipulationsvorwurfes gerückte Behauptung der vermeintlichen Inkompatibilität der Fahrzeugschäden – in zweiter Instanz lautet die Argumentation dann diametral anders, die Plausibilität der Fahrzeugschäden sei ein geradezu typisches Kennzeichen fingierter Unfälle – sich nach der eigens hierzu durchgeführten Beweisaufnahme als nicht stichhaltig erwiesen hat. Nach den Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen ist das Unfallgeschehen vom Schadensbild der Unfallfahrzeuge her aus technischer Sicht plausibel und widerspruchsfrei nachzuvollziehen und weist keine irgendwie gearteten Auffälligkeiten für eine Manipulation auf. Dem entspricht das vom Kläger einen Tag nach dem Unfall in Auftrag gegebene Privatgutachten der C. GmbH wie auch die Unfallschilderung des erstinstanzlich angehörten Zweitbeklagten.

Die Entscheidung der Unfallbeteiligten, die beiden Fahrzeuge nach der Kollision zur Seite zu fahren, ist wegen des generell nachmittags hohen Pkw-Aufkommens auf dem M. -Parkplatz und ausweislich der vom Sachverständigen Dipl.-Ing. Z. gefertigten Fotografien der Unfallörtlichkeit, die für Fahrzeuge anderer Restaurantbesucher im Fall eines Verharrens der Unfallfahrzeuge am Kollisionsort keine Ausweichmöglichkeiten gelassen hätte, ebenfalls ohne Weiteres nachvollziehbar und nichts weniger als verdächtig.

Dass sich im Übrigen der Kläger und der etwa gleichaltrige Zweitbeklagte schon vor dem Unfall vom Sehen her kannten, ist nach zutreffender Ansicht des Landgerichts in einer Kleinstadt wie B. nichts Ungewöhnliches und ein eher unverfängliches Indiz. Als ambivalent, d. h. im Ergebnis neutral und mitnichten für einen gestellten Unfall sprechend hat des Weiteren zu gelten, dass die Unfallbeteiligten wegen ihrer Bekanntschaft sowie der eindeutigen Verursachung des Unfalls durch den Zweitbeklagten von einer Einschaltung der Polizei zum Zwecke der ihnen müßig erscheinenden Unfallaufnahme abgesehen haben.

Es verhält sich entgegen der Darstellung der Drittbeklagten auch nicht etwa so, dass der Kläger sich seines Fahrzeugs bereits kurze Zeit nach dem Unfall durch Verkauf entledigt hätte, um auf diese Weise eine ihm unliebsame Begutachtung des Pkw zu vereiteln oder unmöglich zu machen. Der von ihm beauftragte Kfz-Sachverständige der C. GmbH hat den Pkw vielmehr einen Tag nach dem Unfall in Augenschein nehmen können und dabei eine umfangreiche Bilddokumentation angefertigt, die den gerichtlich bestellten Sachverständigen in die Lage versetzte, ein Unfallrekonstruktionsgutachten zu erstellen. Der anschließende Verkauf insbesondere des BMW hat somit die Aufklärung des Unfallhergangs nicht oder jedenfalls nicht nennenswert beeinträchtigt. Ohnedies kann dem Geschädigten eines Verkehrsunfalls, sofern dieser nicht gerade seine eigene Kasko-Versicherung in Anspruch nimmt, gegenüber der Haftpflichtversicherung des Gegners kein langwieriges Zuwarten bezüglich der wie immer vonstattengehenden Schadensbeseitigung angesonnen werden, jedenfalls dann nicht, wenn sich für die Unfallbeteiligten, wie im vorliegenden Fall, die Sachlage und Schuldfrage als völlig eindeutig darstellen.

Als weiterhin auch noch nachhaltig gegen eine Unfallmanipulation sprechendes Indiz fällt schließlich, zumal im Kontext mit den übrigen Begleitumständen, ins Gewicht, dass der Kläger – entgegen der unerfindlich bleibenden Behauptung der Drittbeklagten von einem seinerseits deutlichen Gewinn – durch den Unfall keinen oder bestenfalls einen äußerst geringen wirtschaftlichen Vorteil gehabt hat, ein fingierter Unfall für ihn daher nicht profitabel gewesen wäre. Für den von ihm mit finanzieller Hilfe der Eltern gekauften Pkw BMW des Typs 320d – als Auszubildender verfügte er seinerzeit altersgemäß und nicht, wie die Drittbeklagte zu suggerieren scheint, etwa zwielichtiger Umstände halber über keine eigenen nennenswerten Einkünfte oder Ersparnisse – zahlte er ausweislich des vorgelegten Kaufvertrages vom 14. Dezember 2011, dessen Echtheit die Drittbeklagte nicht in Zweifel zieht und die zu bezweifeln auch sonst kein Anhalt besteht, einen Betrag von 7.100 €. Den Wiederbeschaffungswert des BMW abzüglich des Restwertes hat der vom Kläger beauftragte Kfz-Sachverständige auf 5.000 € veranschlagt. Nach den nicht bestrittenen Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat er für den unrepariert nach dem Unfall privat verkauften Pkw noch einen Betrag in Höhe von 1.500 bis 1.600 € erzielen können, sodass er zusammen mit der reklamierten Entschädigungsleistung, wenn man auch noch die Entschädigung für den Nutzungsausfall in Höhe von insgesamt 500 € hinzunimmt, summa summarum gerade einmal den Betrag erhalten hat, den er für den Kauf des BMW ca. einen Monat vor dem Unfall hat aufwenden müssen. Dass dem Kläger die Inszenierung des streitgegenständlichen Unfalls überhaupt, geschweige denn in lohnenswertem Ausmaße zum Vorteil gereicht hätte, kann demnach nicht festgestellt werden.