JVJohannes, Wikimedia Commons

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Bedienstete der Straßenverkehrsbehörde hatten beim Abbau von Schildern auf einer Straße außerhalb geschlossener Ortschaften ein Fahrzeug sowie einen Warnleitanhänger auf der Straße abgestellt. An dem Warnleitanhänger waren ein weißer Pfeil nach links auf blauem Grund (Zeichen 211) sowie ein leuchtender Pfeil nach links angebracht. Der Kläger erkannte den Anhänger zu spät und es kam zu einer Kollision. Das OLG Koblenz sieht keinen Grund für eine Haftungsverteilung zu Lasten der Behörde: Der Kläger habe die Stelle vermutlich wegen der sehr tief stehenden Sonne und überhöhter Geschwindigkeit nicht wahrgenommen. Laut Sachverständigem habe ca. 250 Meter / neun Sekunden vor dem Unfall freie Sicht auf den Anhänger bestanden. Die Behörde habe die Stelle in dieser Situation nicht durch zusätzliche Schilder oder Leitkegel absichern müssen (OLG Koblenz, Urteil vom 09.05.2016, Az. 12 U 464/15).

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Schadensersatz wegen des Verkehrsunfalls vom 24.10.2012.

Der Kläger hat keinen Anspruch gemäß § 7 Abs. 1 StVG. Die gemäß § 17 Abs. 1 StVG vorzunehmende Abwägung ergibt, dass der Kläger seinen Schaden alleine zu tragen hat. Zu Lasten des Beklagten ist lediglich die Betriebsgefahr des auf der Straße abgestellten Fahrzeugs mit dem Warnleitanhänger zu berücksichtigen, die jedoch wegen des Verschuldens des Klägers zurücktritt.

Die Bediensteten des Beklagten trifft kein Verschulden an dem Unfall. Mit dem Abstellen des Fahrzeugs auf der rechten Fahrspur haben sie weder gegen Vorschriften der Straßenverkehrsordnung noch gegen sonstige Sorgfaltspflichten verstoßen.

Die Berechtigung, zum Zwecke des Abbaus von Schildern ein Fahrzeug auf der Straße abzustellen, steht außer Frage. Die Bediensteten des Beklagten haben einen Warnleitanhänger aufgestellt, auf dem ein nach links gerichteter Pfeil geleuchtet hat und auf dem unter dem leuchtenden Pfeil ein weiterer nach links gerichteter Pfeil (weiß auf blauem Grund) angebracht war. Das haben die Zeugen …[B] und …[C] bei ihrer Vernehmung vor dem Landgericht gesagt. Das Landgericht ist den Zeugen gefolgt. Dagegen bestehen keine Bedenken. Diese Absicherung war ausreichend. Weitere Sicherungsmaßnahmen, insbesondere eine Vorwarnung durch zusätzliche Schilder oder Leitkegel, waren nicht erforderlich.

Der Warnleitanhänger war nicht an einer unübersichtlichen Stelle abgestellt. Unübersichtlich ist eine Stelle, wenn der Fahrzeugführer wegen ungenügenden Überblicks über die Straße den Verkehrsablauf nicht vollständig übersehen und deshalb Hindernisse und Gefahren nicht rechtzeitig bemerken und ihnen nicht sicher begegnen kann (vgl. Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 20.01.1978, 2 St 356/77). Das war nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr.-Ing. …[A] nicht der Fall. Der Kläger hatte ca. 250 m und ca. 9 Sekunden vor der Kollision freie Sicht auf den Warnleitanhänger. Er hatte auch zum Zeitpunkt der spätesten Reaktion – ca. 80 m vor der Kollision – vollständige und direkte Sicht auf den Anhänger. Die Fahrbahn weist im Bereich der Annäherung an die Unfallörtlichkeit keine Sichthindernisse durch Fahrbahnunebenheiten oder durch einen hügeligen Straßenverlauf auf.

Die Bediensteten des Beklagten mussten nicht berücksichtigen, dass die Sicht auf den Warnleitanhänger möglicherweise durch tief stehende Sonne, die hinter dem Anhänger befindliche Fahrzeugführer blendet, eingeschränkt war. Das folgt schon daraus, dass für denjenigen, der ein Fahrzeug abstellt, kaum einzuschätzen ist, ob überhaupt, in welchem Zeitraum und in welcher Stärke eine Blendung eintritt. Im Übrigen kann sich der, der ein Fahrzeug abstellt, darauf verlassen, dass sich nachfolgende Fahrzeugführer auf eine Blendung einstellen und entsprechend vorsichtig fahren.

Die Bediensteten des Beklagten mussten die Fahrzeuge auch wegen der abgesehen von Blendungen guten Erkennbarkeit des Anhängers nicht auf dem – unbefestigten – Gelände neben der Fahrbahn abstellen.

Demgegenüber trifft den Kläger ein Verschulden an dem Unfall. Der Kläger hatte die Geschwindigkeit seines Fahrzeugs gemäß § 3 Abs. 1 StVO den Sichtverhältnissen anzupassen. Das ist offensichtlich nicht geschehen. Der Zeuge …[D] hat bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht ausgesagt, die Sonne habe an diesem Tag sehr, sehr tief gestanden, die Sichtverhältnisse seien deswegen sehr eingeschränkt gewesen, aus diesem Grund habe er nicht die zulässige Höchstgeschwindigkeit ausgefahren. Die eingeschränkten Sichtverhältnisse konnte der vor dem Zeugen …[D] fahrende Kläger ebenso erkennen und hat sie wohl auch erkannt. Aus diesem Grund musste der Kläger so vorsichtig fahren, dass er einem Hindernis, das er wegen einer Blendung erst spät erkennt, ausweichen konnte bzw. dass er – wenn ein Ausweichen nicht möglich war – vor diesem Hindernis anhalten konnte.

Da den Bediensteten des Beklagten im Zusammenhang mit dem Abstellen des Fahrzeugs mit dem Warnleitanhänger kein Vorwurf gemacht werden kann, ergibt sich auch aus den §§ 823 ff. BGB und § 839 BGB, Art. 34 GG kein Anspruch gegen den Beklagten.