Außer zu PoliScan Speed hat sich das OLG Koblenz kürzlich auch wieder zum ES 3.0 geäußert. Auch hier bleibt es bei der Annahme eines standardisierten Messverfahrens, “solange die Bauartzulassung durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt fortbesteht”. Daran sei auch trotz des Urteils des AG Meißen, in dem auf einige Probleme bei dem Messverfahren hingewiesen wurde (wobei einige Aussagen darin allerdings widerlegt werden konnten) festzuhalten. Anhaltspunkte für eine generelle Fehlerhaftigkeit seien nicht ersichtlich; die in anderslautenden Sachverständigengutachten genannten Hinweise auf Fehler seien bloß “denktheoretisch”. In diesem Zusammenhang kann die Lektüre der “Papageienmessung” empfohlen werden, bei der sich gezeigt hat, dass die theoretische Möglichkeit der Messung anderer Objekte auch in der Praxis durchaus auftreten kann (OLG Koblenz, Beschluss vom 03.03.2016, Az. 1 OWi 4 SsBs 11/16).

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts – Bußgeldrichter – Simmern vom 16. November 2015 wird auf seine Kosten als unbegründet verworfen.

Gründe:

Die statthafte (§ 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG) und in zulässiger Weise angebrachte Rechtsbeschwerde, mit der sich der Betroffene gegen seine Verurteilung zu einer Geldbuße von 160 € und einem Fahrverbot von einem Monat wegen einer fahrlässigen Überschreitung der außerhalb geschlossener Ortschaften geltenden Höchstgeschwindigkeit (§ 41 Abs. 1, § 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO, § 24 StVG) wendet, erzielt keinen Erfolg.

1. Die erhobenen Verfahrensrügen sind unzulässig, da sie den Anforderungen von § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht genügen.

Zwar weist die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift vom 5. Februar 2016 zu Recht darauf hin, dass der von dem Betroffenen gestellte Beweisantrag und seine Ablehnung bereits in dem angefochtenen Urteil mitgeteilt werden, das der Senat aufgrund der parallel erhobenen Sachrüge zur Kenntnis zu nehmen hat; entsprechender Darlegungen in der Rechtsbeschwerde bedurfte es daher nicht. Der Betroffene versäumt es aber, die Umstände, die nach seiner Auffassung zu der beantragten Einholung des Sachverständigengutachtens drängen mussten, vollständig darzustellen. Hierzu zählen das – auch im Urteil nicht nach § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO in Bezug genommene – Messfoto, dem der Betroffene Hinweise auf eine fehlerhafte Messung entnehmen will, und die darin eingeblendeten Daten, auf die er sich mehrfach bezieht, sowie das Messprotokoll. Darüber hinaus fehlt es an der Angabe des zu erwartenden Ergebnisses der angestrebten Beweiserhebung (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 244 Rdn. 81). Soweit der Betroffene pauschal beanstandet, dass ihm in dem Verfahren bestimmte Unterlagen und Daten („Rohdaten“, „Messfilm“ und „Lebensakte“) nicht zur Verfügung standen, trägt er nicht vor, ob und in welcher Weise er sich um ihre Beiziehung und Überlassung – insbesondere durch entsprechende Anträge – bemüht hat.

Ohne derartiges Vorbringen lässt sich allein anhand der Rechtsbeschwerdebegründung nicht beurteilen, ob die von dem Betroffenen behaupteten Verfahrensmängel der fehlerhaften Zurückweisung eines Beweisantrages, unzureichender Sachaufklärung und der Verletzung rechtlichen Gehörs vorliegen könnten. Die Rügen sind damit unzulässig; denn ihre Überprüfung muss dem Rechtsbeschwerdegericht durch vollständigen Vortrag der maßgeblichen Verfahrenstatsachen ohne ergänzenden Rückgriff auf die Akten oder weitergehende Erhebungen ermöglicht werden (vgl. BGHSt 3, 213, 214; 19, 273, 277; 21, 334, 340; BGH NStZ 2013, 222).

2. In sachlich-rechtlicher Hinsicht weist das angefochtene Urteil keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen auf.

a) Die Beweiswürdigung des Amtsgerichts hinsichtlich der festgestellten Geschwindigkeitsübertretung ist nicht zu beanstanden. Sie ist insbesondere durch das Rechtsbeschwerdegericht hinreichend überprüfbar. Zur Darlegung der Ordnungsgemäßheit der durchgeführten Messung bedurfte es – wie in dem angefochtenen Urteil enthalten – lediglich der Angabe des angewandten Messverfahrens und des berücksichtigten Toleranzwertes (vgl. BGHSt 39, 291; OLG Köln NZV 2003, 100, 101; OLG Hamm NZV 2002, 282 m.w.Nachw.).

Der Einzelrichter des Senats geht entgegen der von dem Betroffenen im Rahmen der Verfahrensrügen erhobenen Einwendungen und von der Rechtsprechung vereinzelt geäußerter Zweifel (s. jüngst AG Meißen – Urteil vom 29. Mai 2015 – 13 OWi 703 Js 21114/14 [juris]) weiterhin davon aus, dass es sich bei dem Messverfahren ES 3.0 um ein standardisiertes, mithin anerkanntes und Zuverlässigkeit bietendes Verfahren handelt (s. etwa Senat, Beschlüsse vom 16. Oktober 2009 – 1 SsRs 71/09, vom 22. Juli 2013 – 1 SsRs 31/13, vom 7. Juli 2014 – 1 SsBs 21/14; OLG Koblenz [2. StrS], ZfSch 2014, 530; Beschluss vom 7. Mai 2014 – 2 SsBs 22/14; OLG Köln NZV 2013, 459; OLG Zweibrücken DAR 2013, 38), solange die Bauartzulassung durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt fortbesteht (vgl. BGHSt 39, 291, 297). Diese umfasst eine Prüfung der Funktionsweise der Messgeräte, mithin auch des der Geschwindigkeitsbestimmung zugrunde liegenden Abgleichs der von den Sensoren des Gerätes erzeugten Helligkeitsprofile (vgl. Smykowski/Buck/Bengler DAR 2014, 225). Die Einordnung könnte erst dann in Frage stehen, wenn Hinweise für eine generelle Fehlfunktion des Gerätes vorliegen. Solche Hinweise bestehen jedoch nicht bereits aufgrund von in anderen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten – zumal dann nicht, wenn sie auf lediglich denktheoretische Messfehler hinweisen – oder der von dem Betroffenen schlagwortartig behaupteten Fehlerquellen. Auch begründet die mangelnde gerichtliche Kenntnis der genauen Funktionsweise des Messgerätes weder von Vornherein Zweifel an seiner Zuverlässigkeit noch eine rechtliche Unverwertbarkeit des Messergebnisses (OLG Zweibrücken ZfSch 2013, 51; a.A. AG Meißen a.a.O.).

Konkrete Anhaltspunkte für eine individuelle Fehlmessung, die Anlass zu weitergehenden Ausführungen oder Erhebungen geben könnten, gehen aus dem angefochtenen Urteil nicht hervor. Soweit etwa der Betroffene Funktionsbeeinträchtigungen der Sensoren des Messgerätes durch starke Sonneneinstrahlung („Überblendung“) oder durch einen “vorauseilenden Schatten” behauptet, sind derartige Umstände nicht festgestellt; schon aufgrund des im Urteil mitgeteilten Zeitpunktes der Messung um 14:07 Uhr und des festgestellten ordnungsgemäßen Messaufbaus liegen sie im Übrigen fern. So könnte eine Verschattung bei richtiger Voreinstellung des Messgerätes (s. hierzu Smykowski/Buck/Bengler a.a.O.) nur dann im gemessenen Helligkeitsprofil registriert werden, wenn sie sich auf einem Objekt abbildet, welches sich in Zielrichtung der quer zur Fahrbahn angebrachten Sensoren befindet, etwa einer gegenüberliegenden Leitplanke, und vor oder hinter dem Fahrzeug auftritt. Nach der senatsbekannten Bedienungsanleitung des Gerätes könnte eine derartige Verschattung zudem lediglich zu Abweichungen in der Fotoposition führen (s. hierzu auch OLG Zweibrücken ZfSch 2013, 472), die hier nicht vorliegen (vgl. UA S. 4: „plausible Fotoposition“).

Der im Urteil wiedergegebene Abstandswert von Sensor und Fahrzeug (5,4 Meter) ist nicht ungewöhnlich und erlaubt für sich genommen keinerlei Rückschlüsse auf eine Fehlzuordnung der Messung, zumal das Urteil mitteilt, dass außer dem von dem Betroffenen geführten keine sonstigen Fahrzeuge auf dem Messfoto zu erkennen sind. Eine weiterreichende weitere Überprüfung wäre nur im Rahmen einer Verfahrensrüge bei Mitteilung der Spuranzahl, ihrer jeweiligen Breite und der von dem Betroffenen benutzten Fahrspur möglich. Soweit der Betroffene auf dem Messfoto ein eingeblendetes Verschlüsselungssymbol vermisst, ist sein Vorbringen wiederum urteilsfremd; es ist zudem senatsbekannt, dass die Signatur nach Exportierung der auf Übereinstimmung und Authentizität geprüften Originalmessdaten an die Bußgeldstelle nicht zwingend mitübermittelt wird (vgl. Senatsbeschluss vom 10. April 2012 – 1 SsBs 33/12). Entgegen dem Rechtsbeschwerdevortrag wurde die Messvorrichtung durch die damit befassten Beamten nach den Urteilsausführungen auch ordnungsgemäß aufgebaut und bedient.

b) Der Rechtsfolgenausspruch lässt Rechtsfehler gleichfalls nicht erkennen. Außergewöhnliche Umstände, die ein Absehen von dem entsprechend den Richtlinien des Bußgeldkataloges (vgl. Nr. 11.3.7 BKat) verwirkten Regelfahrverbot rechtfertigen könnten (zu dem insoweit anzulegenden strengen Maßstab vgl. OLG Koblenz NStZ-RR 1997, 19; OLG Hamm NZV 2003, 103; NZV 2007, 583; OLG Bamberg ZfSch 2010, 291). OLG Celle, NZV 1996, 117), gehen aus dem angefochtenen Urteil nicht hervor. Das Amtsgericht ist vielmehr zu Recht davon ausgegangen, dass der Betroffene existenziellen beruflichen Folgen durch Ausweichen auf andere Verkehrsmittel oder – zumal unter Ausnutzung der ihm eingeräumten Karenzfrist nach § 25 Abs. 2a StVG – durch eine auf die Fahrverbotszeit abgestimmte Urlaubsplanung begegnen kann. Die mit der Rechtsbeschwerde hiergegen vorgebrachten Umstände sind erneut urteilsfremd; wollte der Betroffene beanstanden, dass sie bereits im zugrunde liegenden Verfahrens vorgebracht worden seien und das Amtsgericht sie fehlerhaft nicht zum Gegenstand der Hauptverhandlung erhoben oder in dem ergangenen Urteil unberücksichtigt gelassen hat, hätte er eine entsprechende Verfahrensrüge anbringen müssen. Sie würden im Übrigen in ihrer Pauschalität (Tätigkeit „an verschiedenen wechselnden Baustellen im Bundesgebiet“; die Inanspruchnahme eines Fahrers werde durch den Arbeitgeber “nicht akzeptiert”, Bl. 103 d.A.) eine Existenzgefährdung noch immer nicht hinlänglich belegen.

3. Eine Berichtigung des Schuldspruches dahingehend, dass der Betroffene nicht – wie seitens des Amtsgerichtes ausgesprochen – einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung, sondern einer vorsätzlichen Tatbegehung schuldig ist, war entgegen dem hierauf gerichteten Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nicht veranlasst.

Ob dem Betroffenen eine vorsätzliche oder fahrlässige Begehungsweise anzulasten ist, unterliegt allein tatrichterlicher Beurteilung auf Grundlage einer Gesamtwürdigung aller in Betracht kommenden Beweisanzeichen. Dem auf eine Rechtskontrolle beschränkten Revisions- oder Rechtsbeschwerdegericht ist die eigene Vornahme einer derartigen Bewertung grundsätzlich verwehrt. Dies gilt auch dann, wenn der Rückschluss auf eine vorsätzliche Tatbegehung nach den im Urteil mitgeteilten Umständen möglich oder sogar naheliegend gewesen wäre (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 6. Oktober 2014 – 1 OWi 3 SsBs 51/14; OLG Koblenz [2. StrS], Beschluss vom 14. Oktober 2013 – 2 SsBs 14/13), durch den Tatrichter aber nicht gezogen wurde.

Im vorliegenden Fall wäre als mangels konkreter Angaben des Betroffenen – dieser hat sich lediglich dahin eingelassen, dass er sich den Verstoß nicht erklären könne – für den Nachweis seiner Kenntnis von der Geschwindigkeitsbegrenzung auf die Indizwirkung der nach den Feststellungen mehrfach und beidseitig aufgestellten Begrenzungsschilder, hinsichtlich des Nachweises einer Kenntnis von der gefahrenen Geschwindigkeit auf die Indizwirkung der bei einer gefahrenen Geschwindigkeit von 161 km/h verwirklichten Geschwindigkeitsüberschreitung um 41 km/h angekommen (vgl. insoweit Senat, Beschlüsse vom 6. Januar 2015 – 1 OWi 3 SsBs 91/14; vom 11. November 2014 – 1 OWi 3 SsBs 71/14; vom 16. September 2014 – 1 OWi 3 SsBs 59/14; s. auch OLG Celle VRS 129 [2015], 158). Dass das Amtsgericht eine entsprechende Würdigung nicht vorgenommen, sondern den Verstoß ausdrücklich als fahrlässig bewertet hat, mag sich als rechtsfehlerhaft erweisen und auf ein zu Lasten des Betroffenen eingelegtes Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft zu berücksichtigen sein; den Betroffenen beschwert es dagegen nicht. Zwingend in dem Sinne, dass daraus unmittelbar und ohne weitere tatsächliche Wertung der Vorsatz des Betroffenen hervorginge, und das Rechtsbeschwerdegericht darauf erkennen könnte, sind die festgestellten Umstände des Verkehrsverstoßes jedenfalls nicht.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO, § 46 Abs. 1 OWiG.