Immer wieder spannend sind Verkehrsordnungswidrigkeiten, bei deren Erfassung oder Auswertung ein privates Unternehmen eingebunden ist. Häufig wird hier nicht beachtet, dass alleine die Behörde Herrin des Verfahrens bleiben muss. Unkritisch soll nun laut OLG Stuttgart der Fall sein, wenn das Privatunternehmen die Messungen mittels PoliScan Speed auf die Position des Auswerterahmens überprüft und insoweit unverwertbare Messungen aussondert. Diese Tätigkeiten seien nur von untergeordneter Bedeutung. Zuletzt dann noch der Vergleich mit der (unproblematischen) Blutalkoholbestimmung, DNA-Identitätsfeststellung oder Auswertung elektronischer Datenträger durch private Institutionen, den schon das OLG Rostock gezogen hatte. Dieser wurde schon damals von einigen Stimmen kritisiert, da diese Institutionen gerade nicht erfolgsabhängig vergütet werden, wie es bei den Messauswertungen meist der Fall ist. Wie die Vergütung im vorliegenden Fall geregelt war, wurde vom OLG Stuttgart nicht angesprochen (Beschluss vom 25.08.2016 – 4 Ss 577/16).

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Waiblingen vom 15. April 2016 wird als unbegründet

v e r w o r f e n .

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Waiblingen setzte gegen den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit des Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaft eine Geldbuße von 80 € fest. Hiergegen hat der Betroffene Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gestellt. Er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Insbesondere beanstandet er, dass das Amtsgericht die Verurteilung auf eine Geschwindigkeitsmessung stützt, die nicht von einem Mitarbeiter der Ordnungsbehörde ausgewertet worden sei, sondern durch ein privates Unternehmen, und macht darauf gestützt ein Verwertungsverbot geltend. Der Einzelrichter hat die Rechtsbeschwerde mit Beschluss vom 22. August 2016 zugelassen und die Sache auf den Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen, da es geboten ist, das Urteil zur Fortbildung des Rechts nachzuprüfen (§ 80a Abs. 3 Satz 2 OWiG).

II.

Die Rechtsbeschwerde ist in der Sache unbegründet, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Begründung der Rechtsbeschwerde keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben hat (§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 349 Abs. 2 StPO).

1. Die Sachrüge bleibt aus den zutreffenden Gründen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Zuschrift vom 1. August 2016 erfolglos. Die Sachrüge ermöglicht die Überprüfung des Urteils auch, soweit sich das Amtsgericht in den Urteilsgründen mit der Frage des von ihm abgelehnten Beweisverwertungsverbots befasst hat (UA S. 4 Abs. 5).

a) Nach diesen Feststellungen fuhr der Betroffene mit einem Pkw außerhalb geschlossener Ortschaften unter Berücksichtigung des gebotenen Toleranzabzugs mit einer Geschwindigkeit von 129 km/h, was aufgrund einer Messung mit einem stationären Gerät des Typs Poliscan Speed festgestellt wurde. An der Auswertung des Messdaten war ein von der Bußgeldbehörde beauftragtes privates Unternehmen beteiligt. Seine Aufgabe bestand darin, im Rahmen der Auswertung der Messung die Position des sogenannten Auswerterahmens zu prüfen, um Messungen, bei denen eine Verwertbarkeit von vornherein ausscheidet, auszusortieren.

b) Auf der Grundlage dieser Feststellungen hat das Amtsgericht die Annahme eines Beweisverwertungsverbots zu Recht abgelehnt.

Die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach § 47 Abs. 1 OWiG gehört als typische Hoheitsaufgabe zum Kernbereich staatlicher Hoheitsausübung, für die im Fall von Verkehrsordnungswidrigkeiten gemäß § 26 Abs. 1 StVG Behörden oder Polizeidienststellen zuständig sind. Zu Recht weist die Generalstaatsanwaltschaft darauf hin, dass eine eigenverantwortliche Wahrnehmung dieser Aufgaben durch Privatpersonen deshalb ausscheidet. Das schließt allerdings, wie die Generalstaatsanwaltschaft ebenfalls zutreffend ausführt, nicht aus, dass die Verwaltungsbehörde sich technischer Hilfe durch Privatpersonen bedient, solange sie Herrin des Verfahrens bleibt. Zum Kern der der Verwaltungsbehörde zugewiesenen Aufgabe bei der Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten gehört neben der Entscheidung, wann, wo und wie die Verkehrsüberwachung erfolgt, auch die Gewährleistung, dass das Messverfahren und die Auswertung der dadurch gewonnenen Daten den rechtlichen Vorgaben entsprechen (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 3. März 2016 – 2 Ss-OWi 1059/15, juris).

Bei der Auswertung der im Rahmen einer Messung mit dem stationären Gerät PoliScan Speed gewonnenen Messfotos ist die sog. digitale Auswerteschablone entscheidend, die – nachträglich – auf das Messfoto gelegt wird. Eine Verwertung des Messfotos ist nur zulässig, wenn nicht weitere Fahrzeuge auf anderen Fahrstreifen so auf dem Messfoto ersichtlich sind, dass sie ebenfalls teilweise innerhalb des digitalen Auswerterahmens zu sehen sind, wenn die Vorderreifen des gemessenen Fahrzeugs sich erkennbar oberhalb des unteren Rahmenteils befinden und wenn das amtliche Kennzeichen auf dem Messfoto innerhalb des Auswerterahmens zu sehen ist. Danach sind bereits nach der Bedienungsanleitung des Geräts Messfotos als Beweismittel nicht geeignet, wenn sich die Unterseite des Auswerterahmens nicht unterhalb der Räder des gemessenen Fahrzeugs befindet, Fahrzeugteile anderer Verkehrsteilnehmer, die in gleicher Richtung auf derselben oder einer benachbarten Fahrspur fahren, im Bereich der Auswerteschablone erkennbar sind oder bei einer Frontmessung innerhalb des Auswerterahmens weder ein Vorderrad noch das amtliche Kennzeichen zumindest teilweise enthalten ist. Bei Zugrundelegung dieses Maßstabs ist ein Rechtsverstoß durch die Vorgehensweise der Ordnungsbehörde nicht festzustellen. Der private Dienstleister hatte auf der zuvor von einem Mitarbeiter der Behörde veranlassten Messung auf den so gewonnenen Fotodateien lediglich die Position des Auswerterahmens zum Zweck des Ausscheidens unbrauchbarer Bilder zu prüfen. In Fällen wie dem vorliegenden, in denen der Auswerterahmen korrekt im Foto justiert ist, was aus den im Urteil in Bezug genommenen Lichtbildern ersichtlich wird, hat dieser Prüfvorgang des privaten Dienstleisters keinen Einfluss auf die Messung und die Messauswertung und somit auf das Messergebnis. Die Ordnungsbehörde bleibt vielmehr stets Herrin des Verfahrens. Der private Dienstleister hat zu keinem Zeitpunkt Einfluss auf die Entscheidung, wann, wo und wie lange eine Messung des öffentlichen Straßenverkehrs stattfindet und gegen wen bei einer verwertbaren Messung ein Bußgeldverfahren eingeleitet wird. Auch bleibt die Nachvollziehbarkeit der Authentizität der Messdaten sowie der Falldateien durchgehend gewährleistet und in der Hand der Ordnungsbehörde.

Auch in anderen Verfahrensordnungen ist die Einschaltung von privaten Dienstleistern zur Klärung von Fragestellungen (z. B. Blutalkoholbestimmung, DNA-Identitätsfeststellung, Auswertung elektronischer Datenträger) häufig erforderlich und rechtlich unproblematisch. Dies gilt auch in den Fällen, in denen es nur darum geht, bestimmte Befunde zu erheben, die eine besondere Sachkunde erfordern.

c) Die Rechtsprechung des Senats steht im Einklang mit der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 3. September 2014, 2 Ss-OWi 655/14; Beschluss vom 28. April 2016, 2 Ss-OWi 190/16; Beschluss vom 3. März 2016, 2 Ss-OWi 1059/15, jeweils juris; OLG Rostock, Beschluss vom 17. November 2015, 21 Ss-OWi 158/15, juris). Soweit die Rechtsbeschwerde sich auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 7. Mai 2012 (2 Ss (Bz) 25/12) beruft, handelt es sich um einen anderen Sachverhalt. Dort wurde festgestellt, dass es „in der Regel“ ein Beweisverwertungsverbot begründet, wenn die Ordnungsbehörde im Bußgeldverfahren entgegen einem Runderlass des dortigen Innenministeriums eine private Firma mit der Auswertung von Messergebnissen beauftragt. In dem zugrunde liegenden Fall hatte die Ordnungsbehörde die Auswertung der Messdaten, insbesondere die Filmentwicklung und -auswertung, der privaten Firma überlassen, die das Messgerät hergestellt hatte, was einem Runderlass des Innenministeriums des Landes Sachsen-Anhalt vom 18. Juni 1998 widersprach. Der private Dienstanbieter hatte demnach im Rahmen des Verfahrens eine andere Aufgabe. Im Übrigen existiert in Baden-Württemberg eine Verwaltungsvorschrift der Art wie in Sachsen-Anhalt nicht.

2. Die Verfahrensrüge ist unzulässig, weil sie nicht den Darlegungsanforderungen der § 79 Abs. 3 Satz 1, § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entspricht. Die Rechtsbeschwerdebegründung legt – über die Feststellungen in den Urteilsgründen hinaus – nicht dar, welche Tätigkeiten die Verwaltungsbehörde im Einzelnen dem privaten Unternehmen, das sie zur Unterstützung bei der Auswertung der Messdaten herangezogen hat, überlassen hat. Ohne einen solchen Vortrag kann der Senat keine verfahrensfehlerhafte Verwertung der Messdaten feststellen.