Die Klägerin hatte auf einer Landstraße außerhalb geschlossener Ortschaften auf Grund von Glätte einen Unfall erlitten. Daher hat sie das Land wegen einer behaupteten Verletzung der Streupflicht in Anspruch genommen, damit beim OLG Köln aber keinen Erfolg. Auf Straßen außerhalb geschlossener Ortschaften müsse nur an besonders gefährlichen Stellen gestreut werden, das heißt, trotz erhöhter Aufmerksamkeit auf Grund winterlicher Verhältnisse darf die Gefahrenstelle nicht (rechtzeitig) erkennbar sein. Zeitlich sei vor Einsetzen des Berufsverkehrs (zwischen 6 und 7 Uhr) und bis 20 Uhr zu streuen, wobei bei Glättebildung im Laufe des Tages eine Reaktionszeit zuzugestehen sei. Eine besondere Gefahrenstelle habe aber auf der gut einsehbaren Strecke mit mäßigem Gefälle, die die Klägerin befahren hatte, nicht vorgelegen (OLG Köln, Urteil vom 24.11.2016 – 7 U 96/16).

1. Die Berufung des Klägerin gegen das am 27.4.2016 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn – 1 O 369/15 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

(Von einer Darstellung des Sach- und Streitstandes wird nach §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.)

I. Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Bei der Landstraße 11, auf der die Klägerin den streitgegenständlichen Unfall erlitt, handelt es sich um eine öffentliche Straße außerhalb geschlossener Ortschaften. Hierzu gelten folgende Grundsätze: Nach der Rechtsprechung sind öffentliche Straßen außerhalb der geschlossenen Ortslage nur an besonders gefährlichen Stellen zu bestreuen. Eine besonders gefährliche Stelle liegt erst dann vor, wenn der Verkehrsteilnehmer bei der für Fahrten auf winterlichen Straßen zu fordernden schärferen Beobachtung des Straßenzustands und der damit zu fordernden erhöhten Sorgfalt den die Gefahr bedingenden Zustand der Straße nicht oder nicht rechtzeitig erkennen und deshalb die Gefahr nicht meistern kann (BGHZ 31, 73; BGH VersR 1987, 934; VersR 1995, 721; Senat NJW-RR 1986, 1223; OLG Braunschweig NZV 2006, 586; Münchener Kommentar/Wagner, BGB, 6. Aufl., § 823 Rn. 464 und ebendort Papier § 839 Rdn. 202; Staudinger/Hager, BGB, Neubearbeitung 2009, § 823 E Rdn. 136; Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl., § 823 Rdn. 226; Stein/Itzel/Schwall, Praxishandbuch des Amts- und Staatshaftungsrecht, 2. Aufl., Rdn. 552; Schmid NJW 1988, 3177, 3179). Die Streupflicht besteht auch nur an den besonders gefährlichen Stellen als solchen (Münchener Kommentar/Wagner a.a.O.). In zeitlicher Hinsicht beginnt die Streupflicht am Morgen vor dem Einsetzen des Berufsverkehrs, d. h. zwischen 6.00 und 7.00 Uhr (vgl. Schmid NJW 1988, 3177, 3180; Palandt/Sprau, BGB, § 823 Rdn. 227; Münchener Kommentar/Wagner § 823 Rdn. 466), und endet am Abend um 20.00 Uhr. Kommt es im Verlauf des Tages zu Glättebildung, ist dem Streudienst eine gewisse Reaktionszeit zuzugestehen (Münchener Kommentar/Wagner § 823 Rdn. 466). Überobligationsmäßiger Streudienst begründet grundsätzlich keine Verpflichtung (Senat VersR 1990, 321, 322; Urt. v. 5.8.2004 – 7 U 31/04; Münchener Kommentar/Wagner § 823 Rdn. 464), sofern nicht eine besondere Sicherheitserwartung oder in sonstiger Weise eine neue Gefährdung begründet wurde (OLG Brandenburg VersR 2005, 243; Stein/Itzel/Schwall a.a.O.). Die Beweislast für die Streupflicht und ihre Verletzung trägt der Anspruchsteller (etwa BGH NJW 2012, 2727 = VersR 2012, 1050; Luckey in Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, BGB SchuldR BT III, 3. Aufl., § 839 Rdn. 43). Das gilt namentlich für das Nichteinhalten der Kontroll- und Streupflicht (Luckey in Baumgärtel/Laumen/Prütting § 839 Rdn. 44; Schmid NJW 1988, 3177, 3183).

2. Nach diesen Maßstäben scheidet eine Haftung des beklagten Landes aus. Eine besonders gefährliche Stelle hat das Landgericht. mit zutreffender Begründung verneint (LGU 4 unten/5 oben). Nach den zur Akte gereichten Lichtbildern (Anl. B 2, Bußgeldakte und zuletzt Bl. 155 d.A.) handelt es sich um eine gut einsehbare Strecke mit mäßigem Gefälle. Im Übrigen müsste die Klägerin – ohne dass es hierauf noch entscheidend ankäme – den Beweis führen, dass das beklagte Land die Streupflicht – ihr Bestehen unterstellt – nicht erfüllt hat. Die Einhaltung der – angemessenen – Streuzeiten sind durch die Anlagen B 3 und B 8 (Bl. 80 d.A.) belegt. Die von der Klägerin benannten Zeugen könnten dies kaum widerlegen, zumal die Wirkung des Streusalzes erst nach einer gewissen Dauer einzutreten vermochte und – worauf die Berufungserwiderung hinweist – die Fahrbahnglätte bei der vorherrschenden Kälte von minus 6 Grad innerhalb kurzer Zeit auch von Neuem entstehen konnte.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die dafür erforderlichen Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht vorliegen.

Berufungsstreitwert: 9.793,31 EUR