Quelle: pixabay.com

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Gegen den Betroffenen wurde eine Geldbuße von 15 Euro festgesetzt. Die Verwaltungsbehörde hat wegen Nichtzahlung die Anordnung von Erzwingungshaft beantragt. Ein Verfahren zur Abgabe der Vermögensauskunft wurde von ihr als unverhältnismäßig angesehen, da sich die Forderung insgesamt nur auf 76,10 Euro belaufe. Das AG Dortmund meint: Grundsätzlich sei auch geringen Geldbußen die Erzwingungshaft möglich. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verlange aber, zunächst die Beitreibung der Geldbuße auf anderem Wege zu versuchen. Auch die Abgabe der Vermögensauskunft sei ein milderes Mittel als die Anordnung von Haft (AG Dortmund, Beschluss vom 23.02.2017 – 729 OWi 19/17).

Der Antrag der Stadt … auf Anordnung der Erzwingungshaft wird zurückgewiesen.

Gründe:

Gegen den Betroffenen ist wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit eine Geldbuße zu vollstrecken. Die Geldbuße beträgt laut Bußgeldbescheid 15 Euro (bei hierin zusätzlich enthaltenen Verfahrenskosten von 28,50 Euro). Durch Mahngebühren, Zustellungskosten und Pfändungsgebühr beläuft sich die Gesamtforderung mittlerweile auf 76,10 Euro.

Die Antragstellerin hat daraufhin Erzwingungshaftanordnung beantragt. Sie hat dabei Unterlagen der Stadt B vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass kein Vollziehungsbeamter dort zur Verfügung stehe, einen Vollstreckungsversuch zu unternehmen. Dort sei aber aus anderen Zusammenhängen bekannt, dass der Betroffene von ALG II lebe. Eine Einleitung eines Verfahrens zur Abgabe einer Vermögensauskunft werde als unverhältnismäßig angesehen im Hinblick auf die Höhe der hier zu vollstreckenden Forderung von 76,10 Euro.

Zwar liegen die gesetzlichen Voraussetzungen einer Erzwingungshaftanordnung vor – diese steht aber unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit. Das Gericht geht insoweit grundsätzlich davon aus, dass auch eine Geldbuße in der in Rede stehenden Höhe noch eine Anordnung von Erzwingungshaft ermöglicht (zu einer möglichen Unverhältnismäßigkeit bei geringsten Bußen: AG Lüdinghausen NJW 2005, 3017; a.A. aber Seitz in: Göhler, OWiG, § 96 Rn. 18 m.w.N.). Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet es jedoch gerade bei derart geringen Geldbußen und ohnehin nicht für die Erzwingungshaft als solche maßgeblichen Verfahrenskosten, die die zu vollstreckende Geldbuße um ein Mehrfaches übersteigen, zunächst die Maßnahmen zur Beitreibung der Geldbuße auszuschöpfen (vgl. Seitz in: Göhler, OWiG, § 96 Rn. 15 u. 17; ähnlich auch Bohnert/Krenberger/Krumm, OWiG, § 96 Rn. 5). Dies gilt  umso mehr, als die Antragstellerin und die Stadt B davon ausgehen, dass es sogar unverhältnismäßig wäre wegen zu vollstreckender 76,10 Euro eine Vermögensauskunft zu verlangen, obgleich diese von deutlich geringerer Eingriffsintensität ist als eine Haft.

Schließlich ist darauf zu verweisen, dass ein grundsätzliches Absehen von Vollstreckungsversuchen mangels Personals im Rahmen des auch bei § 96 OWiG maßgeblichen Opportunitätsprinzips (hierzu: Mitsch in: KK-OWiG, § 96 Rn. 21; Seitz in: Göhler, OWiG, § 96 Rn. 17) zu berücksichtigen ist und dementsprechend auch insoweit eine Erzwingungshaftanordnung nicht stattfinden kann.