ORLEN Deutschland GmbH, Wikimedia Commons

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Ein Fall, den man auch als Klassiker in der Juristenausbildung kennt: Der Angeklagte betankte zweifach sein Fahrzeug, obwohl er von vorneherein beabsichtigte, den Kraftstoff nicht zu bezahlen. Das Landgericht hat ihn daher u. a. wegen Betruges in zwei Fällen verurteilt. Das OLG Naumburg hat die Verurteilung insoweit aufgehoben: Für die Verwirklichung eines Betruges müsse ein Irrtum hervorgerufen werden, der dann zu einer schädigenden Vermögensverfügung – hier in Form des Einverständnisses mit dem Tankvorgang – führe. Beim sog. Tankbetrug sei daher erforderlich, dass das Kassenpersonal das Betanken des Fahrzeugs bemerkt. Anderenfalls könne womöglich ein versuchter Betrug vorliegen (OLG Naumburg, Beschluss vom 02.12.2016 – 2 Rv 105/16).

(…) Die Verurteilung des Angeklagten wegen vollendeten Betruges in zwei Fällen kann ebenfalls nicht bestehen bleiben.

Die Strafkammer hat dazu festgestellt:

„Der Angeklagte tankte am 2. August 2014 um ca. 01.20 Uhr wie ein zahlungswilliger und –fähiger Kunde bei der Total-Station I., A. Weg 2, Benzin Super zum Preis von 59,39 €, obwohl er aufgrund seiner Einkommens- und Vermögenslage von vornherein wusste oder mindestens billigend in Kauf nahm, dass er den fälligen Kaufpreis vereinbarungsgemäß nicht zahlen kann, was er zum Schaden des Verkäufers tatsächlich auch nicht tat.

Der Angeklagte tankte am 21. November 2014 gegen 05:40 Uhr wie ein zahlungswilliger und -fähiger Kunde bei der Total-Station I., A. Weg 2 sein Fahrzeug mit Benzin Super zum Preis von 62,64 €, obwohl er aufgrund seiner Einkommens- und Vermögenslage von vornherein wusste oder zumindest billigend in Kauf nahm, den fälligen Kaufpreis nicht vereinbarungsgemäß zahlen zu können, was er zum Schaden des Verkäufers tatsächlich auch nicht tat.“

Die Feststellungen tragen die Verurteilung wegen vollendeten Betruges nicht. Der Tatbestand des § 263 Abs. 1 StGB verlangt, dass der Täter durch (zumindest konkludentes) Vortäuschen seiner Zahlungsbereitschaft bei dem Kassenpersonal einen Irrtum hervorruft, der anschließend zu der schädigenden Vermögensverfügung (Einverständnis mit dem Tankvorgang) führt. Mangels Irrtumserregung liegt jedoch kein vollendeter Betrug vor, wenn das Betanken des Fahrzeugs vom Kassenpersonal überhaupt nicht bemerkt wird. In einem solchen Fall ist vielmehr regelmäßig von versuchtem Betrug auszugehen, wenn das Bestreben des Täters von Anfang an darauf gerichtet war, das Benzin unter Vortäuschung einer nicht vorhandenen Zahlungsbereitschaft an sich zu bringen, ohne den Kaufpreis zu entrichten (BGH, Urteil vom 5. Mai 1983 – 4 StR 121/83, NJW 1983, 2827; Beschluss vom 19. Dezember 2012, 4 StR 497/12, StV 2013, 511 m.w.N.).

Die Kammer hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Tankvorgang von Angestellten der Tankstelle bemerkt wurde. Da solche Feststellungen in einer neuen Hauptverhandlung in Betracht kommen, konnte der Senat den Schuldspruch nicht selbst auf versuchten Betrug in zwei Fällen abändern.