Die Zeugin I näherte sich mit einem Pkw bei Grünlicht einer Kreuzung, ebenso wie die Zeugin T bei für sie geltendem Rotlicht, wobei in ihrem einem Einsatzfahrzeug Blaulicht und Martinshorn eingeschaltet waren. In der Kreuzung stießen beide Fahrzeuge zusammen. Die Zeugin I hatte aus mehreren hundert Metern Entfernung das Blaulicht ebenso wie trotz Grünlicht stehende Fahrzeuge wahrgenommen, ging daber davon aus, dass das Einsatzfahrzeug ihren Fahrweg nicht kreuzen würde und fuhr allenfalls mit leicht reduzierter Geschwindigkeit in die Kreuzung ein. Die Zeugin T als Fahrerin des Einsatzfahrzeugs war ebenso unaufmerksam und musste erst von ihrem Beifahrer auf das Fahrzeug der Zeugin I hingewiesen werden. Das OLG Hamm gelangt zu einer Mithaftung von 1/3 auf Seiten des Einsatzfahrzeugs.

OLG Hamm, Urteil vom 18.07.2017 – 9 U 34/17

Die Berufung des Klägers gegen das am 31.01.2017 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Der Kläger macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfallereignis vom 31.12.2015 gegen 18:45 h in C im Bereich der I1-Straße mit der Einmündung S geltend. Die Zeugin T beabsichtigte im Zuge einer Einsatzfahrt unter Inanspruchnahme von Sonderrechten von der Feuerwache kommend mit dem ersten von insgesamt drei im Einsatz befindlichen Feuerwehrfahrzeugen die I1 Straße zu überqueren. Auf dieser näherte sich bei für sie geltendem Grünlicht die Zeugin I mit dem Fahrzeug des Klägers. In der Kreuzung kam es zur Kollision. Der Kläger hat erstinstanzlich vollen Ersatz seines Schadens iHv 4.858,10 EUR zzgl. vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangt. Das Landgericht, auf dessen Urteil gem. § 540 ZPO verwiesen wird, hat der Klage nach Vernehmung von Zeugen unter Kürzung der Nebenkostenpauschale auf 25,- EUR nach einer Haftungsquote von 1/3 zu 2/3 zu Lasten des Klägers iHv. 1.617,70 EUR nebst Zinsen und anteiliger vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten stattgegeben. Mit der Berufung verlangt der Kläger auf der Grundlage einer 70%igen Haftung der Beklagten in der Hauptsache weitere 1.779,47 EUR. Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Dem Kläger stehen gegen die Beklagte über den vom Landgericht zuerkannten Betrag hinaus keine weiteren sich aus den §§ 7, 9, 17 StVG, §§ 254, 823, 839 BGB, Art. 34 GG ergebenden Schadensersatzansprüche zu.

Kommt es zu einem Zusammenstoß zwischen einem Einsatzfahrzeug, welches unter Inanspruchnahme der Sonderrechte nach §§ 35, 38 StVO in eine durch Rotlicht gesperrte Kreuzung einfährt, ohne dass dessen Fahrer die gebotene Sorgfalt walten lässt und einem Kraftfahrer, der trotz rechtzeitig wahrnehmbaren Blaulicht und Martinshorn das Wegerecht des Einsatzfahrzeuges nicht beachtet, so hängt die Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensanteile vom jeweiligen Einzelfall ab, wobei der Geschwindigkeit des Einsatzfahrzeuges entscheidende Bedeutung beikommt (KG, Urteil vom 13. 3. 2003 – 12 U 257/01; LG Bonn, Urteil vom 28. September 2016 – 1 O 454/13 -, Rn. 37, juris).

Der Senat hat bei vorläufiger Bewertung bei der Terminierung vergleichsweise eine gleichmäßige Haftung der Beteiligten angenommen und auf dieser Grundlage einen entsprechenden Vergleichsvorschlag unterbreitet. Nach endgültiger Beratung hält der Senat die vom Landgericht der Schadensabrechnung zugrundegelegte Haftungsquote von 1/3 zu 2/3 zu Lasten des Klägers für gut vertretbar.

Dafür ist ausschlaggebend, dass die Zeugin I tatsächlich grob nachlässig und unsorgfältig gehandelt hat. Obwohl sie aus mehreren hundert Meter Entfernung Blaulicht wahrgenommen hat, und in Annäherung an die Kreuzung in der rechten Spur stehende Fahrzeuge bemerkt hat, für die die Lichtzeichenanlage Grünlicht anzeigte, hat sie in dieser Situation nicht den sich aufdrängenden Schluss gezogen, dass das von ihr wahrgenommene Blaulicht und das inzwischen akustisch wahrgenommene Martinshorn der Grund dafür waren, dass Fahrzeuge in der rechten Spur ihre Fahrt nicht fortsetzten, obwohl sie grün hatten. Stattdessen hat sich die Zeugin einen Grund zurechtgelegt, wonach das Fahrzeug mit dem Blaulicht mit ihrem Fahrweg schon nichts zu tun haben werde. Einen belegbaren Anlass hatte sie hierfür nicht. In dieser Situation hat sie sich zunächst mit ungeminderter Geschwindigkeit, und sodann mit nicht näher beschriebener reduzierter Geschwindigkeit auf die Kreuzung zubewegt, obwohl sie eben nicht wusste, was sie erwarten würde.

Dass die Zeugin T ihrerseits nicht hinreichend aufmerksam war, belegt der Umstand, dass sie von ihrem Beifahrer erst auf die herannahende Zeugin I aufmerksam gemacht werden musste. Diese konnte sie – ebenso wie umgekehrt – über eine weite Strecke hinweg sehen. Allerdings ist es so, dass im Rahmen der Einsatzfahrt – anders als bei privater Teilnahme am Verkehr – verständlicherweise die Zeit für die Einschätzung der Geschwindigkeit des Herannahenden zu kurz kommen kann. Das entlastet die Zeugin T zwar nicht, lässt aber den Verstoß in einem milderen Licht erscheinen.

Vor diesem Hintergrund stimmt der Senat der vom Landgericht ausgeurteilten Haftungsquote zu, so dass die Berufung des Klägers keinen Erfolg hat.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht, § 543 ZPO.