Nach dem Erlass des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport zu Geschwindigkeitsmessungen müssen Gemeinden in Hessen vor Aufstellung einer fest installierten Geschwindigkeitsmessanlage die Polizeischule anhören. Dies hat die Gemeinde im vorliegenden Fall unterlassen. Das Amtsgericht Gießen hat den Betroffenen mit Beschluss vom 19.07.2013 (Az. 512 OWi – 802 Js 3704/13) vom Vorwurf des Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit freigesprochen:

Im Interesse einer effizienten Verkehrssicherheitsarbeit sind danach Überwachungsmaßnahmen grundsätzlich zwischen den zuständigen Behörden abzustimmen. (…) Im genannten Erlass ist unter Ziffer 4.1. festgelegt, nach welchen Kriterien Messstellen für Geschwindigkeitsmessgeräte ausgewählt werden sollen und dass zur Einrichtung ortsfester Messstellen die Hessische Polizeischule anzuhören ist. Die Einrichtung einer Geschwindigkeitsmessanlage darf nämlich nicht an fiskalischen Interessen ausgelegt sein (vgl. OLG Stuttgart, 3 Ss 265/90, vom 01.06.1990, OLG Frankfurt 2 Ws (B) 91/92 OWiG vom 20.02.1992). Bei der Einrichtung einer stationären Messanlage muss besonders sorgfältig geprüft werden, an welchem Standort eine solche errichtet werden kann, und ob die Örtlichkeit den im Erlass dargelegten Kriterien entspricht, weshalb nach Erlasslage in diesen Fällen zur geplanten Errichtung die Hessische Polizeischule/Polizeiakademie Hessen anzuhören ist.

Zum Thema Beweisverwertungsverbot (und der Frage, ob hier die Verkehrssicherheit oder fiskalische Interessen im Vordergrund standen):

Da die Messanlage unter Verstoß gegen die Erlasslage errichtet wurde, ist darin ein Beweiserhebungsverbot zu sehen. Zwar hat nicht jede unzulässige Beweiserhebung ein Beweisverwertungsverbot zur Folge, jedoch ist dies dann der Fall, wenn die Ordnungsbehörde willkürlich zu Lasten des Betroffenen gehandelt oder die Geschwindigkeitsmessung unter bewusster Missachtung der für sie geltenden Bestimmungen angeordnet hat (vgl. OLG Frankfurt, Ss OWi 73/03 m. w. N.). Dies ist vorliegend der Fall.

Die im Erlass getroffene Regelung dient, wie dargelegt, dem Zweck, stationäre Messanlagen nur an ausgewählten Standorten einzurichten, die einen Unfallschwerpunkt oder sonst schutzwürdigen Bereich darstellen. Insbesondere soll die Auswahl eines solchen Standortes ausdrücklich nicht – im Gegensatz zur Wahl der Einsatzorte für mobile Geschwindigkeitsmessungen – allein den Gemeinden überlassen werden, sondern durch die Hessische Polizeischule überprüft werden. Diese nimmt dann zu diesem Zweck die Örtlichkeiten in Augenschein, überprüft die Unfallstatistik und eventuelle Messergebnisse von bereits durchgeführten Messungen mit mobilen Messgeräten um dadurch Erkenntnisse darüber zu bekommen, ob die Errichtung einer stationären Messanlage erlasskonform ist oder nicht.

Diese Vorgabe und die damit einhergehende Überprüfung der Messstelle hat die Stadt Grünberg bewusst umgangen und die Messanlage aufgestellt, ungeachtet dessen, ob dies an dieser Stelle gerechtfertigt war oder nicht. Dass es sich um einen Unfallschwerpunkt oder eine sonstige besondere Gefahrenstelle handelt, ist damit nicht dargelegt und schon aus diesem Grund ist die Messung mit einer stationären Messanlage an dieser Messstelle unzulässig. Verkehrsteilnehmer dürfen die Erwartung hegen, dass sich die Verwaltungsbehörde nicht über Richtlinien zur Handhabung des Verwaltungsermessens, die eine gleichmäßige Behandlung sicherstellen sollen, im Einzelfall ohne sachliche Gründe hinwegsetzt. Die Vorgehensweise der Stadt Grünberg und auch deren Verhalten im Verfahren, welches im Widerspruch zu den Erklärungen der Hessischen Polizeischule steht, lässt daher nur den Schluss zu, dass die Einrichtung dieser stationären Anlage nicht unter dem Gesichtspunkt der Unfallverhütung, sondern in erster Linie aus fiskalischen Interessen errichtet wurde.

Der ganze Beschluss kann in juris nachgelesen werden.