In Bußgeldurteilen, die sich mit Geschwindigkeitsverstößen befassen, ist häufig der Begriff des standardisierten Messverfahrens zu lesen. Diesen hat der BGH in zwei älteren (und lesenswerten) Entscheidungen geprägt.

Zur ersten Entscheidung (Beschluss vom 19.08.1993, Az. 4 StR 627/92) kam es auf Grund unterschiedlicher Rechtsauffassungen zweier Oberlandesgerichte (§ 79 III OWiG i.V.m. § 121 II GVG):

Die amtliche Zulassung von Geräten und Methoden verfolgt ebenso wie die Reduzierung des gemessenen Wertes um einen – die systemimmanenten Meßfehler erfassenden – Toleranzwert gerade den Zweck, Ermittlungsbehörden und Gerichte von der Sachverständigenbegutachtung und Erörterung des Regelfalles freizustellen. Es entspricht deshalb allgemein anerkannter Praxis, daß auch im Bereich technischer Messungen Fehlerquellen nur zu erörtern sind, wenn der Einzelfall dazu Veranlassung gibt. (…) Zwar besteht kein Erfahrungssatz, daß die gebräuchlichen Geschwindigkeitsmeßgeräte unter allen Umständen zuverlässige Ergebnisse liefern Mühlhaus/Janiszewski, Straßenverkehrsordnung 13. Aufl. § 3 Rdn. 76 und 93 m.w.N.). Wie bei allen technischen Untersuchungsergebnissen, insbesondere solchen, die in Bereichen des täglichen Lebens außerhalb von Laboratorien durch “angelerntes” Personal gewonnen werden, ist eine absolute Genauigkeit, d.h. hier eine sichere Übereinstimmung mit der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit, nicht möglich. Der Tatrichter muß sich deshalb auch bei der Berücksichtigung der Ergebnisse von Geschwindigkeitsmeßgeräten bewußt sein, daß Fehler nicht auszuschließen sind. Den nach den jeweiligen technisch-naturwissenschaftlichen Erkenntnissen möglichen Fehlerquellen hat er durch die Berücksichtigung von Meßtoleranzen Rechnung zu tragen (vgl. BGHSt 28, 1, 2). Darüber hinaus muß er sich nur dann von der Zuverlässigkeit der Messungen überzeugen, wenn konkrete Anhaltspunkte für Meßfehler gegeben sind (vgl. OLG Hamm NStZ 1990, 546).

Die zweite Entscheidung erging 1997 (BGHSt 43, 277):

Ergänzend weist der Senat darauf hin, daß der in der Entscheidung vom 19. August 1993 verwendete Begriff “standardisiertes (Meß-)Verfahren” (vgl. BGHSt 39, 297, 299, 302) nicht bedeutet, daß die Messung in einem voll automatisierten, menschliche Handhabungsfehler praktisch ausschließenden Verfahren stattfinden muß. Vielmehr ist hierunter ein durch Normen vereinheitlichtes (technisches) Verfahren zu verstehen, bei dem die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf so festgelegt sind, daß unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind (vgl. OLG Saarbrücken NZV 1996, 207). Diesen Anforderungen werden – worauf im Vorlegungsbeschluß zutreffend hingewiesen wird – grundsätzlich auch Lasermeßverfahren gerecht, bei denen die Geschwindigkeitsmessung von besonders geschultem Meßpersonal unter Beachtung der Betriebsanleitung des Geräteherstellers und der Zulassungsbedingungen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt durchgeführt wird (vgl. hierzu auch OLG Hamm NZV 1997, 187).