Der von der Klägerin beauftragte Sachverständige ermittelte für deren Fahrzeug Reparaturkosten von 2.973,49 € (brutto), den Wiederbeschaffungswert mit 1.600 € und den Restwert mit 470 €. Die Reparatur erfolgte dann aber nicht nach den Vorgaben des Sachverständigen: Es wurden Gebrauchtteile verwendet und andere Teile (mehrere Zierleisten, Kniestück hinten links) überhaupt nicht ausgetauscht. In diesem Umfang kostete die Reparatur 2.079,79 €. Die Beklagte zahlte an die Klägerin nur einen Betrag von 1.130 €. Die Klage auf die offenen Reparaturkosten hatte keinen Erfolg: Unschädlich sei zwar die Verwendung altersentsprechender und funktionsfähiger Gebrauchtteile, um innerhalb der 130 %-Grenze zu bleiben; die Reparatur müsse aber dennoch nach den Vorgaben des Gutachtens durchgeführt sowie fachgerecht sein. Hier war sie aber unvollständig, auch wenn nach der Reparatur keine optischen Mängel mehr zu erkennen waren (BGH, Urteil vom 02.06.2015, Az. VI ZR 387/14).

1. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats kann in Abweichung von dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB Ersatz des Reparaturaufwands (Reparaturkosten zuzüglich einer etwaigen Entschädigung für den merkantilen Minderwert) bis zu 30 % über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs nur verlangt werden, wenn die Reparatur fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt wird, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat (vgl. Senatsurteile vom 15. Februar 2005 – VI ZR 70/04, BGHZ 162, 161, 167 ff.; vom 9. Juni 2009 – VI ZR 110/08, BGHZ 181, 242 Rn. 15; vom 10. Juli 2007 – VI ZR 258/06, VersR 2007, 1244 Rn. 7; vom 8. Dezember 2009 – VI ZR 119/09, VersR 2010, 363 Rn. 6; vom 14. Dezember 2010 – VI ZR 231/09, VersR 2011, 282 Rn. 8; vom 8. Februar 2011 – VI ZR 79/10, VersR 2011, 547 Rn. 7 und vom 15. November 2011 – VI ZR 30/11, VersR 2012, 75 Rn. 5).

2. Die Instandsetzung eines beschädigten Fahrzeugs ist – wovon das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend ausgeht – in aller Regel wirtschaftlich unvernünftig, wenn die (voraussichtlichen) Kosten der Reparatur – wie hier – mehr als 30 % über dem Wiederbeschaffungswert liegen (vgl. Senatsurteil vom 8. Februar 2011 – VI ZR 79/10, aaO). In einem solchen Fall, in dem das Kraftfahrzeug nicht mehr reparaturwürdig ist, kann der Geschädigte vom Schädiger grundsätzlich nur Ersatz der für die Beschaffung eines gleichwertigen Fahrzeuges erforderlichen Kosten, also den Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwerts, verlangen. Lässt der Geschädigte sein Fahrzeug dennoch reparieren, so können die Kosten nicht in einen vom Schädiger auszugleichenden wirtschaftlich vernünftigen (bis zu 130 % des Wiederbeschaffungswerts) und einen vom Geschädigten selbst zu tragenden wirtschaftlich unvernünftigen Teil aufgespalten werden (vgl. Senatsurteile vom 15. Oktober 1991 – VI ZR 67/91, BGHZ 115, 375, 378 ff.; vom 10. Juli 2007 – VI ZR 258/06, VersR 2007, 1244 Rn. 6 und vom 8. Februar 2011 – VI ZR 79/10, aaO Rn. 6).

3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat das vorgerichtlich eingeholte Sachverständigengutachten im Rahmen der Schadensschätzung, die sich grundsätzlich an den Preisen der markengebundenen Fachwerkstatt zu orientieren hat, jedoch keine absolute Bedeutung für die Frage, welche Reparaturkosten tatsächlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ersatzfähig sind. Dementsprechend hat der erkennende Senat entschieden, dass jedenfalls in Fällen, in denen die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten über der 130 %-Grenze liegen, es dem Geschädigten aber – auch unter Verwendung von Gebrauchtteilen – gelungen ist, eine nach Auffassung des sachverständig beratenen Berufungsgerichts fachgerechte und den Vorgaben des Gutachtens entsprechende Reparatur durchzuführen, deren Kosten unter Berücksichtigung eines merkantilen Minderwerts den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen, dem Geschädigten aus dem Gesichtspunkt des Wirtschaftlichkeitsgebots eine Abrechnung der konkret angefallenen Reparaturkosten nicht verwehrt werden kann (Senatsurteil vom 14. Dezember 2010 – VI ZR 231/09, VersR 2011, 282 Rn. 13).

4. Ob der Geschädigte, wenn es ihm tatsächlich gelingt, entgegen der Einschätzung des Sachverständigen die von diesem für erforderlich gehaltene Reparatur innerhalb der 130 %-Grenze fachgerecht in einem Umfang durchzuführen, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat, Ersatz von über dem Wiederbeschaffungswert liegenden Reparaturkosten verlangen kann, konnte der Senat bisher offen lassen (vgl. Senatsurteile vom 10. Juli 2007 – VI ZR 258/06, aaO Rn. 7; vom 8. Februar 2011 – VI ZR 79/10, VersR 2011, 547 Rn. 7 ff. und vom 15. November 2011 – VI ZR 30/11, VersR 2012, 75 Rn. 6 ff.).

Die Frage bedarf auch im Streitfall keiner Entscheidung. Denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Reparatur im Streitfall bereits nicht vollständig nach den Vorgaben des Sachverständigen S. erfolgt. Zwar stünde die Verwendung altersentsprechender und funktionsfähiger Gebrauchtteile einer vollständigen und fachgerechten Reparatur nach der vorgenannten Senatsrechtsprechung nicht grundsätzlich entgegen. Nach den getroffenen Feststellungen ist jedoch der vom Sachverständigen S. vorgesehene Austausch weiterer Zierleisten und des Kniestücks hinten links nicht erfolgt. Insoweit hilft es der Klägerin auch nicht, dass nach dem Gutachten des Gerichtssachverständigen C. “keine optischen Mängel” vorhanden waren. Denn es kommt nicht darauf an, ob die verbliebenen Defizite optisch nicht stören. Vielmehr kommt es im Rahmen der Vergleichsbetrachtung allein auf den erforderlichen, d.h. nach objektiven Kriterien zu beurteilenden und deshalb auch unschwer nachzuprüfenden Reparaturaufwand an (vgl. Senatsurteil vom 10. Juli 2007 – VI ZR 258/06, VersR 2007, 1244 Rn. 10 mwN).