In einem Schadensersatzprozess behauptete die Klägerin, dass der Beklagte zu 1) mit einem Kastenwagen Campingutensilien bei seinem Vater aus dem Keller abholen wollte. Er sei daher rückwärts mit dem Fahrzeug in Richtung einer Häuserzeile gefahren, um das Fahrzeug vor den Häusern abzustellen. Dabei sei er von der Kupplung abgerutscht, wodurch das Fahrzeug beschleunigt habe und in die Schaufensterscheibe einer Eisdiele gefahren sei. Dabei sei ihr – der Klägerin – ein Schaden von 163.634,27 EUR entstanden. Ein Sachverständiger stellte fest, dass es beim Abrutschen von der Kupplung bei einer geringen Geschwindigkeit zwar einen Ruck gebe, dieser aber zum “Absterben” des Motors und damit Stillstand des Fahrzeugs führen würde. Daher müsse beim Beklagten zu 1) eine Geschwindigkeit von mindestens 8 km/h vorgelegen und dieser vor dem Abrutschen Gas gegeben haben, was schon angesichts der kurzen Strecke nicht nachvollziehbar sei. Weitere Indizien führten beim Landgericht zu der Überzeugung, dass hier ein manipulierter Unfall vorlag: Der Kastenwagen war ein gemietetes Fahrzeug; außerdem kannten sich die Klägerin und der Beklagte zu 1) seit über 30 Jahren (LG Duisburg, Urteil vom 17.08.2015, Az. 3 O 230/13).

Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung von 163.634,27 Euro sowie auch keinen weiteren Anspruch auf Feststellung, dass die Beklagten verpflichtet sind, sämtliche weiteren Schäden der Klägerin zu ersetzen. Ein solcher Anspruch ergibt sich gerade nicht aus § 7 Abs. 1 StVG in Verbindung mit § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG. Denn letztlich ist die Kammer davon überzeugt, dass die Klägerin in die Schädigung ihrer Eisdiele eingewilligt hat. Hierbei ist von dem Grundsatz auszugehen, dass demjenigen, der in die Schädigung seines Rechtsgutes durch einen anderen einwilligt, kein ersatzfähiges Unrecht geschieht (vgl. Urteil des OLG Koblenz vom 4. Oktober 2005, Aktenzeichen: 12 U 1114/04; sowie Urteil des BGH vom 13. Dezember 1977, Aktenzeichen: VI ZR 206/75). Der Beweis der Einwilligung in die Beschädigung kann dann als geführt angesehen werden, wenn sich eine Häufung von Umständen findet, die darauf hindeuten. Hierbei ist auf eine Gesamtwürdigung aller Tatsachen und Beweise abzustellen, aus denen sich eine Indizienkette ergibt, die auf eine planmäßige Vorbereitung und Herbeiführung des vermeintlichen Unfalls geschlossen werden kann (vgl. Urteil des OLG Koblenz vom 4. Oktober 2005; Urteil des OLG Hamm vom 19. März 2001, Aktenzeichen: 13 U 164/00).

In einer Gesamtschau ergeben die nachfolgend aufgezählten Indizien das Bild eines gestellten Unfalles. Die Art des behaupteten Unfallhergangs, nämlich das Rückwärtssetzen gegen die Eisdiele, ist leicht und ohne nennenswertes Verletzungsrisiko von den Beteiligten inszeniert worden. Außerdem ist bei einer derartigen Unfallkonstellation die Schuldfrage eindeutig und es muss nicht mit Einwendungen eines Mitverschuldens gerechnet werden. Eine solche eindeutige Haftungslage ist bei einem manipulierten Unfall ein häufig anzutreffender Umstand (vgl. Urteil des OLG Köln vom 2. März 2010, Aktenzeichen: 9 U 122/09).

Als weiteres Indiz ist hinzuzufügen, dass sich die Beteiligten gut kannten. Hier hat der Beklagte zu 1) im Rahmen seiner Anhörung selbst ausgeführt, dass er den Kläger seit über 30 Jahren kennt und das Verhältnis als freundschaftlich zu bezeichnen ist. Dieser Umstand ist sicherlich auch als Indiz dafür zu werten, dass der Beklagte sich bereit erklärt hat, an einem manipulierten Unfallereignis mitzuwirken, um der Klägerin wirtschaftlich zu helfen.

Darüber hinaus ergibt sich aus dem Gutachten des Sachverständigen T. und auch seiner Anhörung, dass das behauptete Fahrmanöver technisch zwar unter extremen Gesichtspunkten nachvollziehbar ist, dies aber nicht mehr dem normalen Fahrverhalten entspricht. Der Beklagte zu 1) will beim Rückwärtsfahren und dem Spiel mit Gas und Kupplung dann kurz vor der Eisdiele ein Sprung des Fahrzeugs durch Abrutschen der Kupplung verursacht haben. Wie der Sachverständige überzeugend ausführt, ist ein solcher Sprung unter Berücksichtigung zweier Umstände denkbar. Zum einen ist er denkbar, wenn das Fahrzeug eine geringe Leerlaufgeschwindigkeit hat und dann plötzlich von der Kupplung, die nahezu voll durchgetreten war, abgerutscht wird. Dies führt dann zu einem Ruck, der letztlich zum Absterben des Motors und zum Stehenbleiben des Fahrzeugs führt. Es kann letztlich dahingestellt bleiben, ob ein solcher Ruck, der Absterben des Motors hervorgerufen wird, ein Zurücksetzen des Fahrzeugs auch in 1,5 bis 2 m verursacht hat. Denn diese Variante kann letztlich nicht vorgelegen haben. Wie der Sachverständige T. in seinem Gutachten überzeugend ausführt, ist hier mit einer Anschlussgeschwindigkeit des VW Transporters auf die Eisdiele von mindestens 11 km/h auszugehen. Die Anschlussgeschwindigkeit könnte auch höher gelegen haben, mindestens sind jedoch 11 km/h zur Überzeugung des Gerichts zu berücksichtigen. Ein Abrutschen von der Kupplung führt jedoch nur dann zum Absterbe und Abwürgen des Motors, wenn das Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 6 km/h oder geringer gefahren wird. Der Sachverständige hat eine nennenswerte Beschleunigung durch dieses Abrutschen oder des Abwürgens des Motors nach hinten ausgeschlossen. Zumindest kann eine Geschwindigkeitssteigerung von 5 bis 6 km/h auf 11 km/h ausgeschlossen werden, so dass diese Variante des Unfalls schon einmal nicht in Betracht kommt.

Theoretisch nachvollziehbar ist allerdings eine andere Variante, wie auch der Sachverständige T. seiner mündlichen Anhörung eingeräumt hat. Dies wäre dann der Fall, wenn der Beklagte zu 1) mit einer Geschwindigkeit von über 8 km/h zurückgesetzt hat, dann kurz vor Erreichen der Mauer gleichzeitig Gas gibt, um den Drehzahlbereich hochzufahren und dann plötzlich von der Kupplung abrutscht. Dies führt dann dazu, dass das Fahrzeug im Rückwärtsgang beschleunigt. Dieses Fahrmanöver ist jedoch nicht mehr nachvollziehbar. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass das Fahrzeug eine Strecke von 8 bis 10 m zurücklegen musste in Rückwärtsfahrt. Eine Beschleunigung des Fahrzeugs auf einen Bereich von 8 km/h und mehr erscheint bei dieser kurzen Wegstrecke im Rückwärtsfahren nicht mehr realistisch, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass man kurze Zeit später vor einer Tür oder Mauer anhalten möchte. Dies haben letztlich auch die Versuche gezeigt, die der Sachverständige T. mit Probanden durchgeführt hat. Schlechterdings nicht mehr nachvollziehbar wird es aber dann, wenn man berücksichtigt, dass die Beschleunigung letztlich nämlich das Gas geben und dann das Abrutschen kurz vor der Mauer erfolgt sein muss. Dies wäre eher ein Bereich gewesen, wo der Bremsvorgang eingeleitet hätte werden müssen, wie auch der Sachverständige T. überzeugt ausführt. Denn letztlich hätte der Beklagte zu 1) rechtzeitig vor der Mauer stehen bleiben wollen und er hätte auch noch einen gewissen Spielraum zur Mauer einplanen müssen, da die Tür, nämlich Flügeltür, hätte geöffnet werden müssen. Dass also der Beklagte zu 1) mit relativ hoher Geschwindigkeit rückwärts setzt und dann, wenn man normalerweise einen Bremsvorgang einleiten müssten, nochmals zusätzlich Gas gibt und dann eine weitere Beschleunigung des Fahrzeugs herbeiführt, auch wenn er von der Kupplung abgerutscht sein will, erscheint schlechterdings nicht mehr nachvollziehbar. Dieses Fahrmanöver passt auch nicht zu dem Fahrmanöver, das der Beklagte zu 1) im Rahmen seiner Anhörung vor Gericht geschildert hat. Danach hat er nämlich dargelegt, dass er zurückgesetzt hat und eine Geschwindigkeit von 5 bis 10 km/h ungefähr gehabt hatte, dass er dann im Endbereich sicherlich auch nochmal langsamer geworden ist. Damit befand er sich schon also im Abbremsbereich und nicht mehr im Beschleunigungsbereich, so dass das Fahrmanöver mit Erhöhung des Drehzahlbereichs und ein Abrutschen von der Kupplung nicht mehr nachvollziehbar ist. Hinzukommt, dass nach Darstellung des Beklagten zu 1) eher von einer Geschwindigkeit von unter 8 km/h auszugehen wäre, so dass dann ebenfalls das gesamte Fahrmanöver nicht mehr technisch nachvollziehbar wird. Einzig logisch nachvollziehbar ist das Fahrmanöver des Beklagten zu 1) nur dann, wenn er bewusst das Fahrzeug kurz vorher beschleunigt hat, um in die Eisdiele zu fahren, um einen Schaden zu verursachen. Dieses Fahrmanöver, nämlich ein gleichmäßiges Rückwärtsfahren bis zur Eisdiele und ein bewusstes Herbeiführen wird letztlich auch durch den Zeugen … bestätigt. Er hat ausgeführt, dass er das Fahrmanöver die ganze Zeit beobachtet hat und, dass das Fahrzeug langsam zurückgefahren ist. Ein Satz oder ein Ruckeln, wie etwa vom Abrutschen der Kupplung oder des Abwürgens des Wagens ist diesem Zeugen kurz vor dem Zusammenprall gerade nicht aufgefallen. Er hat vielmehr ausgeführt, dass das Fahrzeug gleichmäßig bis zur Tür zurückgesetzt hat. Demnach ist die Kammer davon überzeugt, dass die Einlassung des Beklagten zu 1) lediglich eine Schutzbehauptung war, um irgendwie zu erklären, wie es zu einem “Unfair gekommen ist. Die tatsächlichen Voraussetzungen und Ausführungen des Sachverständigen T. und dem Zeugen M. zeigen allerdings, dass dies offensichtlich so nicht gewesen ist, vielmehr davon auszugehen ist, dass der Beklagte zu 1) diesen Unfall bewusst herbeigeführt hat.

Damit liegt natürlich ein ganz erhebliche Indiz dafür vor, dass der Beklagte zu 1) mit der Klägerin, welche sich seit langen Jahren kennen, diesen Unfall abgesprochen haben.

Als weiteres typisches Indiz für einen manipulierten Unfall ist der Umstand anzusehen, dass der Beklagte zu 1) das Fahrzeug zuvor bei der Beklagten zu 2) angemietet hat. Damit konnte er umgehen, dass sein eigenes Fahrzeug in Mitleidenschaft gezogen wird odermöglicherweise auch eigene Versicherungsrabatte in Mitleidenschaft gezogen werden. Das Anmieten eines Fahrzeugs und dann einen manipulierten Unfall durchzuführen, stellt auch ein weiteres klares Kriterium für ein solches manipuliertes Unfallereignis dar.

Bei einer Gesamtbetrachtung all der aufgezeigten Umstände, könnten auch einige von ihnen bei isolierter Betrachtung eine unverdächtige Erklärung finden, steht zur vollen Überzeugung der Kammer fest, dass die Kollision im vorliegenden Fall von der Klägerin genehmigt worden war.