Bei den oft lange andauernden gerichtlichen Streitigkeiten um die Zahlung eines Schmerzensgelds wird auch darüber diskutiert, ob durch eine unangemessen verzögerte Regulierung seitens des Haftpflichtversicherers eine Erhöhung des Schmerzensgelds in Betracht kommt. Das hält das OLG Koblenz dann für möglich, wenn durch die Verzögerung Interessen des Gläubigers beeinträchtigt werden, also der Geschädigte unter der langen Dauer der Regulierung leidet oder die Mittel für seine Lebensführung benötigt. Die Erhöhung des Schmerzensgelds habe allerdings keinen Sanktionscharakter (Hinweisbeschluss vom 21.07.2015, Az. 5 U 370/15).

Allerdings ist anerkannt, dass eine ungebührliche Verzögerung der Schadensregulierung durch den Schädiger oder dessen Versicherer zur Genugtuung des Geschädigten Ersatzpflichten auslösen kann, die über das bloße Kompensationsinteresse hinausgehen (OLG Nürnberg, MDR 2007, 718; Grüneberg in Palandt, BGB, 74. Aufl., § 253 Rdnr. 17). Das setzt jedoch voraus, dass sich der Schuldner einem erkennbar begründeten Anspruch ohne schutzwürdiges Interesse widersetzt, etwa indem er sich einer Sachaufklärung versagt (OLG Naumburg, NJW-RR 2002, 672) oder dauerhaft in Passivität verharrt, selbst wenn eine Haftung bereits dem Grunde nach gerichtlich attestiert ist (OLG Naumburg, VersR 2008, 652). In diesem Zusammenhang ist zu sehen, dass die Erhöhung des Schmerzensgelds keinen Sanktionscharakter besitzen darf, sondern nur dann gerechtfertigt ist, wenn die verschleppte Zahlung die Gläubigerinteressen beeinträchtigt – beispielsweise dadurch, dass der Geschädigte unter der langen Dauer der Schadensregulierung leidet oder der vorenthaltenen Mittel zu einer adäquaten Lebensführung bedarf (OLG Saarbrücken, NJW 2011, 933).

Von daher kommt eine Korrektur des erstinstanzlichen Urteils nicht in Betracht:

Der Haftpflichtversicherer der Beklagten hat deren grundsätzliche Haftung zu keiner Zeit negiert und das Anspruchsschreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 2. August 2010 deutlich weniger als drei Monate später mit der Zahlung von 7.500 € beantwortet. Dass er nicht mehr leistete, erklärt sich aus dem Fehlen aktueller Befundberichte, die von Klägerseite nicht vorgelegt wurden, und der Ungewissheit über die weitere Entwicklung. Als die Vertreter des Klägers zu 1) nach einer mehr als einjährigen Pause mit Schreiben vom 16. Januar 2012 erneut an ihn herantraten und dabei dann eine Schmerzensgeldforderung von 45.000 € sowie eine Fülle von materiellen Ersatzansprüchen geltend machten, zeichnete sich ab, dass es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommen würde, die auch alsbald eingeleitet wurde. Da in deren Rahmen über den Schadensumfang Beweis erhoben wurde, war es nachvollziehbar, zunächst einmal zuzuwarten. Im Anschluss an das Teilend- und Grundurteil des Landgerichts, das am 18. Juni 2014 verkündet wurde, bot der Haftpflichtversicherer dann unter dem 15. September 2014 einen Abfindungsbetrag von 45.000 € an. Das lässt, auch wenn das Verlangen des Klägers zu 1) darüber hinaus reichte und das Angebot deshalb bei diesem kein Gehör fand, die Annahme einer grundlegenden Abwehrhaltung nicht zu.