In der hier und hier schon angesprochenen Entscheidung des OLG Bremen werden außerdem die Anforderungen des BGH und der Obergerichte an die Urteilsgründe eines Bußgeldurteils bezüglich der Identifizierung einer Person auf einem Messfoto ausführlich genannt. Ausreichend ist es in der Regel, gemäß § 71 Abs. 1 OWiG iVm § 267 Abs. 1 S. 3 StPO auf das Foto (ausdrücklich) Bezug zu nehmen, da es dadurch zum Bestandteil der Urteilsgründe wird. Detaillierte Ausführungen zur Beschreibung der abgebildeten Person sind dann nicht notwendig. Anders kann es bei einer eingeschränkten Qualität sein, da dann der Tatrichter erörtern muss, warum eine Identifizierung trotz der Qualitätsmängel möglich bleibt. Das Rechtsbeschwerdegericht prüft im Übrigen nur, ob das Beweisfoto überhaupt die Identifizierung einer Person zulässt, nicht hingegen, ob der Betroffene auch der abgebildete Fahrer ist (OLG Bremen, Beschluss vom 28.09.2015, Az. 1 SsBs 12/15, Volltext hier).
b) Die tatrichterlichen Feststellungen sind im Übrigen ausreichend, um dem Senat die Prüfung zu ermöglichen, ob das Gericht rechtsfehlerfrei den Betroffenen als Fahrzeugführer identifiziert hat.
Für den Inhalt der Urteilsgründe im Bußgeldverfahren gilt grundsätzlich nichts anderes als im Strafverfahren. Nach § 267 Abs. 1 StPO, dessen Anwendbarkeit auch im Bußgeldverfahren außer Zweifel steht, müssen die Urteilsgründe, falls der Betroffene verurteilt wird, die erwiesenen Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der angenommenen Ordnungswidrigkeit gefunden werden. Zwar unterliegen die Gründe des Urteils keinen hohen Anforderungen. Sie müssen aber so beschaffen sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht ihnen zur Nachprüfung einer richtigen Rechtsanwendung entnehmen kann, welche Feststellungen der Tatrichter zu den objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmalen getroffen hat und welche tatrichterlichen Erwägungen der Bemessung der Geldbuße und der Anordnung oder dem Absehen von Nebenfolgen zugrunde liegen (Hans. OLG Bremen, Beschlüsse vom 03.06.2015, Az.: 1 SsBs 47/15; 23.03.2011, Az.: 2 SsBs 20/11; 07.03.2008, Az.: Ss (B) 67/07; 15.08.1996, Az.: Ss (B) 55/96). Hat der Tatrichter den Betroffenen anhand eines bei einer Verkehrsüberwachungsmaßnahme gefertigten Lichtbildes als Fahrer identifiziert, müssen die Urteilsgründe so gefasst sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht prüfen kann, ob das Beweisfoto überhaupt geeignet ist, die Identifizierung einer Person zu ermöglichen (BGHSt 41, 376; Hans. OLG Bremen, Beschluss vom 03.06.2015, Az.: 1 SsBs 47/15).
aa) Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung kann der Tatrichter diese Forderung im Fall der Identifizierung eines Betroffenen anhand bei einer Verkehrsordnungswidrigkeit gefertigter Lichtbilder dadurch erfüllen, dass er in den Urteilsgründen auf das in der Akte befindliche Foto gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG Bezug nimmt (vgl. grundlegend BGH, Beschluss vom 19.12.1995, Az.: 4 StR 170/95, BGHSt 41, 376, 383). Für eine eindeutige Bezugnahme ist es erforderlich, dass das Auffinden der Beweisfotos möglich ist, wozu zweckmäßigerweise die Aktenstelle anzugeben ist (vgl. OLG Jena, Beschluss vom 10.10.2007, Az.: 1 Ss 356/06 – juris; Stuckenberg in: Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Auflage, 2013, § 267, Rn. 25). Aufgrund der Bezugnahme, die deutlich und zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht sein muss, wird das Lichtbild zum Bestandteil der Urteilsgründe (BGH, aaO; vgl. auch Senge, aaO, § 71 Rn. 116; Seitz, in: Göhler, OWiG, 16. Auflage, 2012, § 71 Rn. 47a f.). Das Rechtsmittelgericht kann infolgedessen die Abbildung aus eigener Anschauung würdigen und ist daher auch in der Lage zu beurteilen, ob es als Grundlage einer Identifizierung tauglich ist (Hans. OLG Bremen, Beschluss vom 28.12.2012, Az.: 2 SsBs 65/12; OLG Koblenz, NZV 2010, 212, 213).
Nicht ausreichend für eine prozessordnungsgemäße Verweisung im Sinne des § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO ist es, wenn der Amtsrichter im Urteil nur mitteilt, dass das entsprechende Lichtbild in Augenschein genommen worden ist (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 08.02.2007, Az.: 2 Ss OWi 101/07 und Beschluss vom 03.01.2008, Az.: 3 Ss OWi 822/07 – jew. bei juris; OLG Koblenz, Beschluss vom 10.09.2009, Az.: 1 SsBs 25/09 – juris). Mit diesen Ausführungen wird nämlich nur der Beweiserhebungsvorgang beschrieben. Durch sie wird aber nicht deutlich, dass das Lichtbild zum Gegenstand des Urteils gemacht worden ist.
Macht der Tatrichter von der Möglichkeit des § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO Gebrauch, so sind darüber hinausgehende Ausführungen zur Beschreibung des abgebildeten Fahrzeugführers entbehrlich, wenn das Foto – wie etwa ein (Front-) Radarfoto, das die einzelnen Gesichtszüge erkennen lässt – zur Identifizierung uneingeschränkt geeignet ist. Es bedarf weder einer Auflistung der charakteristischen Merkmale, auf die sich die Überzeugung von der Identität mit dem Betroffenen stützt, noch brauchen diese Merkmale und das Maß der Übereinstimmung beschrieben zu werden (BGH, aaO). Daraus, dass § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO eine Verweisung nur „wegen der Einzelheiten“ erlaubt, folgt nicht, dass der Tatrichter auch im Falle der Bezugnahme die abgebildete Person (nach Geschlecht, geschätztem Alter, Gesichtsform und weiteren, näher konkretisierten Körpermerkmalen) zu beschreiben habe. Mit der Beschränkung der Verweisungsbefugnis auf „die Einzelheiten“ will das Gesetz sicherstellen, dass die Schilderung des „Aussagegehalts“ der in Bezug genommenen Abbildung nicht ganz entfällt; die Urteilsgründe müssen aus sich selbst heraus verständlich bleiben. Bei einem Foto aus einer Verkehrsüberwachung reicht es dazu aber aus, wenn das Urteil mitteilt, dass es sich bei dem in Bezug genommenen Lichtbild um ein – nach Aufnahmeort und -zeit näher bezeichnetes – Radarfoto (Foto einer Rotlichtüberwachungsanlage usw.) handelt, das das Gesicht einer männlichen oder weiblichen Person zeigt (BGH, aaO; vgl. auch BayObLG, JR 1997, 38 f.).
Ausführungen zur Beschreibung des abgebildeten Fahrzeugführers sind nur dann erforderlich, wenn das Foto zur Identifizierung nicht uneingeschränkt geeignet ist. Ist das Foto – etwa aufgrund schlechter Bildqualität oder aufgrund seines Inhalts – zur Identifizierung des Betroffenen nur eingeschränkt geeignet, so hat der Tatrichter zu erörtern, warum ihm die Identifizierung gleichwohl möglich erscheint. Dabei sind umso höhere Anforderungen an die Begründung zu stellen, je schlechter die Qualität des Fotos ist. Die – auf dem Foto erkennbaren – charakteristischen Merkmale, die für die richterliche Überzeugungsbildung bestimmend waren, sind zu benennen und zu beschreiben (BGH aaO, 384; Hans. OLG Bremen, Beschluss vom 03.06.2015, Az.: 1 SsBs 47/15).
bb) Sieht der Tatrichter hingegen von der die Abfassung der Urteilsgründe erleichternden Verweisung auf das Beweisfoto ab, so genügt es weder, das Ergebnis seiner Überzeugungsbildung mitzuteilen, noch die von ihm zur Identifizierung herangezogenen Merkmale aufzulisten. Vielmehr muss er dem Rechtsmittelgericht, dem das Foto dann nicht als Anschauungsobjekt zur Verfügung steht, durch eine entsprechend ausführliche Beschreibung der Bildqualität und der abgebildeten Person oder jedenfalls mehrerer Identifizierungsmerkmale die Prüfung ermöglichen, ob es für eine Identifizierung geeignet ist (BGH aaO, 384). Die Zahl der zu beschreibenden Merkmale kann dabei umso kleiner sein, je individueller sie sind und je mehr sie in ihrer Zusammensetzung geeignet erscheinen, eine bestimmte Person sicher zu erkennen (BGH aaO, 384 f; Hans. OLG Bremen, aaO; OLG Koblenz, Beschluss vom 02.10.2009, Az.: 2SsBs 100/09, BeckRS 2009, 27303). Dem Rechtsmittelgericht muss aber aufgrund der Ausführungen im Urteil zur Bildqualität, dabei insbesondere zur Bildschärfe, und zur abgebildeten Person, oder jedenfalls zu mehreren Identifizierungsmerkmalen der Person in ihren charakteristischen Eigenschaften, sowie aufgrund der Ausführungen zu möglichen Verdeckungen, Verschattungen oder sonstigen die Identifikation beeinflussenden Faktoren in gleicher Weise wie bei der Betrachtung des Fotos die Prüfung der Ergiebigkeit des Fotos ermöglicht werden (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 24.06.2010, Az.: 1 Ss (Owi) 124 B/10, BeckRS 2010, 24865; OLG Bamberg, NZV 2008, 166).
cc) Den vorstehenden Anforderungen genügt das Urteil. Die Beweisbilder auf den Seiten 3 ff. und 17 der Akte sind Bestandteil des Urteils geworden. Ausweislich der Urteilsgründe wurden die Beweisbilder auf Blatt 3 ff. und 17 der Akte in Augenschein genommen. Auf diesen Seiten befinden sich die durch das Geschwindigkeitsmessgerät gefertigten Beweisfotos. Den Urteilsgründen lässt sich ferner hinreichend deutlich entnehmen, dass auf den Fotos eine männliche Person abgebildet ist. Auf die Beweisbilder wird ausdrücklich Bezug genommen.
Da das Amtsgericht im vorliegenden Fall prozessordnungsgemäß auf die in den Akten befindlichen Lichtbilder verwiesen hat, kann der Senat überprüfen, ob das dort in verschiedenen Ausschnitten und Vergrößerungen befindliche Frontfoto zur Fahreridentifizierung geeignet ist. Das ist hier der Fall. Die Lichtbilder auf Blatt 4 sowie Blatt 17 der Akte weisen eine ausreichend gute Qualität zur Identifizierung eines Menschen auf. Obwohl ein kleiner Teil der Stirn verdeckt ist, sind markante Einzelheiten der Gesichtspartie des abgelichteten Mannes wie beispielsweise Augen, Nase, Ohren und die Gesichtsform gut erkennbar. Damit ist eine Identifizierung des Fahrers grundsätzlich möglich. Dies hat auch als Ausdruck der tatrichterlichen Überzeugungsbildung ebenfalls Eingang in die Urteilsgründe gefunden. Die Beweiswürdigung des Tatgerichts ist nicht zu beanstanden. Darstellungsmängel sind nicht ersichtlich.
Eine weitergehende Überprüfung ist dem Senat nicht möglich. Ob das Lichtbild die Feststellung zulässt, dass der Betroffene der abgebildete Fahrzeugführer ist, hat allein der Tatrichter zu entscheiden. Die Überprüfung dieser tatrichterlichen Entscheidung ist dem Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich versagt (vgl. BGHSt 41, 376; OLG Düsseldorf, aaO). Eine Wiederholung der Beweisaufnahme ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht statthaft (Senge, aaO, § 71 Rn. 117).
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