André Karwath aka Aka, Wikimedia Commons

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Die letzten hier vorgestellten Entscheidungen zur Einsicht in digitale Messdaten waren nicht besonders erfreulich. Eine angenehme Ausnahme bildet nun ein neuer Beschluss des AG Bernkastel-Kues: Das Gericht erkennt an, dass Messfehler erst vorgetragen werden können, wenn Betroffenem und Verteidiger die dazu notwendigen Unterlagen überlassen werden. Daher bestehe ein Anspruch auf Herausgabe der gesamten Messreihe des Tattages sowie der Statistikdatei. Einziger “Minuspunkt”: Eine Lebensakte liege nicht vor, ausreichend sei ein gülter Eichschein in der Akte (AG Bernkastel-Kues, Beschluss vom 03.03.2017 – 8 OWi 21/17).

In dem Bußgeldverfahren gegen …

Verteidigerin: Rechtsanwälte Zimmer-Gratz, Winkelstraße 24, 66359 Bous

wegen Ordnungswidrigkeit

hat das Amtsgericht Bernkastel-Kues durch den Richter am Amtsgericht Rählmann am 03.03.2017 beschlossen:

1. Die Bußgeldstelle wird verpflichtet, die digitalen Falldatensätze inklusive unverschlüsselter Rohmessdaten bzw. die den Geschwindigkeitsmessungen zugrunde liegenden Einzelmessungen der gesamten Messserie und die Statistikdatei zur Messserie der Verteidigung zu überlassen.

Im Übrigen wird der Antrag vom 16.02.2017 auf gerichtliche Entscheidung abgelehnt.

2. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen tragen der Betroffene und die Staatskasse jeweils hälftig.

Gründe:

Die Einsichtnahme in die gesamte Messreihe kann durchaus notwendig sein, um konkrete Messfehler vorzutragen (AG Andernach, 07.09.2016 -2h OWi 300/15-; Amtsgericht Trier, 11.01.2016 -35 OWi 13/16-; Amtsgericht Daun 25.01.2016 -4 OWi 11/16-; AG Bernkastel-Kues, 07.03.2016 -8 OWi 23/16-). Es erscheint nicht zutreffend, lediglich von einer theoretischen Möglichkeit auszugehen, dass die Daten anderer Verkehrsteilnehmer Hinweise auf Fehler bei der Messung liefern können. Aus den genannten Gründen ist auch die Statistikdatei herauszugeben.

Angesichts dessen steht auch der Persönlichkeitsschutz anderer Verkehrsteilnehmer nicht entgegen. Die Erhebung von personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit einer Geschwindigkeitsmessung betrifft nicht den Kernbereich der. privaten Lebehsgestaltung. Vielmehr haben sich auch die übrigen Verkehrsteilnehmer- ebenso wie der Betroffene- durch ihre Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr selbst der Wahrnehmung und Beobachtung durch andere Verkehrsteilnehmer und auch der Kontrolle ihres Verhaltens im Straßenverkehr durch die Polizei ausgesetzt (BVerfG, 20.05.2011 -2 BvR 2072/10-).

Allerdings war die Verwaltungsbehörde war darüber hinaus nicht anzuweisen, dem Betroffenen die Wartungs-, Instandsetzungs- und Eichnachweise des Messgeräts zu Verfügung zu stellen. Ein Lebenakte ist nicht existent. Insoweit ist es ausreichend, dass sich in der Akte ein gültiger Eichschein befindet. Dieser gilt als Nachweis, dass das Gerät einwandfrei funktioniert. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 62 Abs.2 S.1 OWiG, 473 Abs.4 StPO. Der Antrag des Betroffenen hatte teilweise Erfolg, so dass ein Kostenteilung angemessen erscheint.

Die Entscheidung ist unanfechtbar, § 62 Abs. 2 S.3 OWiG.

Vielen Dank an Frau Rechtsanwältin Monika Zimmer-Gratz, Bous, für die Zusen­dung die­ser Entscheidung.